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Für Irritationen ist gesorgt

Von Brigitte Pechar

Politik

Spannungen zwischen SPÖ und ÖGB nicht neu. | Wahl und Neustrukturierung der Kontrollmechanismen im ÖGB nötig. | "Wiener Zeitung":Hat SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer jetzt das Verhältnis zwischen Partei und ÖGB neu definiert?


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Emmerich Tálos: Was in den letzten Jahren unter dem Deckmantel der Oppositionsrolle der SPÖ unter den Tisch gekehrt wurde, ist das Faktum, dass es bereits in den 90er Jahren massive Spannungen zwischen SPÖ und der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter gegeben hat. Massive Widerstände gab es etwa zur Pensionsreform 1997, die Kanzler Viktor Klima ohne Absprache mit der Gewerkschaft verkündet hat. Andererseits muss man sagen, dass eine so lange Regierungstätigkeit der SPÖ - von 1945 bis 2006 war die Partei nur zehn Jahre in Opposition - ohne ÖGB nicht möglich gewesen wäre.

Ist der Schritt Gusenbauers positiv zu bewerten?

Da muss man differenzieren zwischen der Sache und deren Vermittlung. Es spricht einiges dafür, dass es eine Trennung der Funktionen gibt. Die Durchsetzungsfähigkeit eines ÖGB-Präsidenten wird nicht daran gemessen, ob er im Parlament sitzt. Gusenbauers Ansage war ein Paukenschlag. Andererseits gleicht Gusenbauers Argumentation in dieser Frage mehr einer Schlangenlinie. Außerdem weiß niemand, ob Hundstorfer tatsächlich im nächsten Jahr noch Präsident sein wird. Evoziert wurde das Verhalten Gusenbauers sicher dadurch, dass die ÖGB-Krise wie ein Gewitter über die Wahlchancen der SPÖ zieht.

Hat Gusenbauer damit seine Chancen wieder verbessert?

Dieser Schritt sorgt sicher für Irritationen bei Stammwählern, die sogar das Wahlverhalten beeinflussen könnten. Das Auflösen dieses engen Netzwerkes könnte zu einem Nachteil werden. Andererseits ist das auch ein Signal der Öffnung und dafür, dass die SPÖ in der Lage ist, Konsequenzen zu ziehen.

Kann man jetzt davon ausgehen, dass es endgültig eine Trennung zwischen der Funktion des ÖGB-Präsidenten und politischem Mandat gibt?

Wenn Gusenbauer davon abrückt, verliert er sein Gesicht. Aber er wird die kleinen Funktionäre ins Parlament lassen.

Die Spitzengewerkschafter setzen sich Samstag und Sonntag in einer Klausur mit der Strukturreform auseinander. Was müsste an erster Stelle getan werden?

Die Klärung der Aufgabenverteilung zwischen dem Dachverband und möglichen Untereinheiten. Wieviel Kompetenz die Teilorganisationen haben sollen, darüber wird heftig gestritten werden. Der ÖGB als Dach, der die Stimme im gesellschaftlichen Diskurs darstellt, ist unumgänglich. Die Teilorganisationen müssen klar ausgerichtet werden. Von dem derzeitigen Modell, dass die GPA alle Angestellten repräsentiert und auf der anderen Seite die übrigen Gewerkschaften stehen, halte ich nichts.

Was ist davon zu halten, wenn GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer mit einer Verselbstständigung seiner Organisation spricht?

Die Androhung des Ausscheidens aus dem ÖGB ist ein Schuss ins eigene Knie. Denn da würde die GÖD als Lobbyistenorganisation eine Teilorganisation der ÖVP.

Welche Aufgaben muss der ÖGB weiterhin wahrnehmen, von welchen kann er sich trennen?

Der ÖGB wird durch die finanzielle Not gezwungen, Parallelführungen im Servicebereich (Arbeits- und Sozialrecht) aufzugeben. Da kann und muss die Arbeiterkammer einiges übernehmen. Die Kollektivvertragsfähigkeit und die Formulierung gesellschaftspolitischer Anliegen von unselbstständig Beschäftigten bleibt beim ÖGB.

Was muss reformiert werden?

Intransparenz ist seit 1945 ein Kennzeichen des ÖGB. Nach außen wird gemauert und intern haben wir das klassische Beispiel einer Elitenherrschaft. Intransparenz wirkte aber auch intern nach unten. Das wurde ja jetzt auch aufgedeckt: Hohe Funktionäre wussten nicht, was andere taten. Bei bestimmten Funktionären hat sich Inkompetenz mit Intransparenz gepaart. Daher müssten künftig alle Funktionäre und auch der Präsident gewählt werden. Und es muss einen völligen Umbau der Kontrollmechanismen geben. Es besteht nicht nur eine strukturelle, sondern auch eine personelle Reformnotwendigkeit. Es gibt in der Gewerkschaft genug fähige Leute. Aber das Nadelöhr zur Spitze ist eng und setzt Anpassungsleistungen voraus.

Kann eine Reform des ÖGB gelingen?

Da herrscht bei mir größter Pessimismus.