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Für Käufer, die schon alles haben

Von Claudia Peintner

Wirtschaft
Das Geschäft mit den kleinen Freuden des Alltags läuft prächtig. Bunte Teller, Vasen oder Kissen versetzen Kunden in spontane Kauflaune.
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Ketten wie Butlers und Depot haben Lücke in Einkaufsstraßen entdeckt.


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Wien. "Kleinigkeiten machen die Summe des Lebens aus", steht auf einer Wand der Wohnaccessoires-Filiale Butlers. Kleinigkeiten für den Wohnbereich machen auch gehörige Summen für ihre Anbieter aus. Ob man an Phänomene wie "Homing" oder "Cocooning" glaubt oder nicht: Der Handel mit Einrichtungs- und Lifestyleartikeln boomt, während klassische Möbelhändler im Umsatz stagnieren und Flächen sogar zurückfahren.

Elchgeweih und Osterei

Vorgemacht hat es vor Jahren das schwedische Möbelhaus Ikea. Nun ziehen deutsche Interieur-Ketten wie Butlers und Depot nach. Seit 2009 eröffnete die Handelskette Depot in Österreich 21 Filialen, allein 17 neue Standorte sollen 2012 dazukommen. "Die Kaufkraft der Kunden für diesen Markt ist klar vorhanden", heißt es vom Unternehmen. Besonders gut läuft das Geschäft mit Saisonartikeln - vom Tischläufer mit Ostermotiv bis zum rot-grünen Elchgeweih. Das Umsatzplus im Vorjahr spiegelt den Boom wieder: Es gab eine Steigerung von 39 Prozent auf 250 Millionen Euro.

Hinter Depot steht das Familienunternehmen Gries Deco Company, das 1948 mit der Fabrikation von künstlichen Früchten und Christbaumschmuck begann. 2009 stieg der Schweizer Handelskonzern Migros ein, zu dem auch der Einrichter Interio gehört.

In den Filialen der Boutique-Kette Butlers finden Kunden viele gedeckte Tische vor. Alles, was darauf nicht niet- und nagelfest ist, gibt es im Laden zu kaufen. Das Sortiment reicht von Vasen und Kerzen bis hin zu Bettwäsche und Geschirr. Elf Filialen eröffnete der Kölner Familienbetrieb seit 2005 - heuer sollen sechs bis acht weitere folgen, teilte Geschäftsführer Jörg Arndt auf Anfrage der "Wiener Zeitung" mit.

Auf die Frage nach den Kassenschlagern antwortet Arndt: "Kunden kaufen die kleinen Freuden des Alltags und Geschenke für die, die schon alles haben."

Von einem Boom will er nicht sprechen. Vor fünf bis sechs Jahren hätte es mangels Wettbewerbs einen Aufholbedarf am Markt gegeben. Aber auch heute seien noch Marktanteile zu erschließen - etwa über den Online-Handel. Oder Marktanteile, die den großen Möbelhäusern abluchst: "Marktgrößen wie Lutz oder Kika/Leiner haben in den vergangenen Jahren ihre Verkaufsflächen stark ausgeweitet und sind deshalb an den Stadtrand übersiedelt", erklärt Michael Oberweger von der Consultingfirma RegioPlan. Mit der Konsequenz, dass in den Einkaufsstraßen und Shoppingcentern kaum noch Wohnartikel erhältlich waren. "Diese Lücke haben die kleineren Shop-Konzepte entdeckt."

Zara Home prüft Einstieg

Während normalerweise eine Zahnbürste und ein Kühlschrank ausreichen, würde man bei Vasen, Kissen & Co. nicht nach Bedarf, sondern aus der Emotion heraus konsumieren. Geht es nach dem Marktforscher, ist der Plafond auf dem Schnickschnack-Markt noch nicht erreicht. Durch etliche Konkurse im Handel, etwa jenen der Elektrokette Cosmos, seien neue, attraktive Verkaufsflächen für die Boutique-Ketten frei geworden.

Insgesamt investieren die Österreicher laut RegioPlan jährlich rund 1540 Euro pro Haushalt in Möbel und Wohnaccessoires. Überraschend dabei ist, dass mittlerweile für Wohnaccessoires anteilsmäßig gleich viel ausgegeben wird wie für Möbelprodukte. Von den gesamten Ausgaben für Einrichtung, wobei auch die Gruppe Elektrogeräte dazu zählt, sind das jeweils 38 Prozent.

Eingekauft wird dabei freilich nicht nur auf den Einkaufsstraßen, sondern auch im Internet. Beliebte Adressen sind dort H&M Home oder Zara Home. Eigene Filialen haben die Einrichtungsableger der Billig-Modeketten in Österreich noch nicht. Das könnte sich jedoch bald ändern, wie eine Sprecherin des Konzerns erklärt: "Wir warten nur noch ab, bis wir den idealen Standort gefunden haben."