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OeNB-Chef empfiehlt Gemeinden und Ländern die Bundesfinanzierungsagentur.
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"Wiener Zeitung": Herr Gouverneur, der Finanzskandal in Salzburg führt wieder zur Debatte, ob nicht alle Körperschaften in Österreich eine gemeinsame Finanzierungsagentur haben sollten. Was halten Sie davon?Ewald Nowotny: Es darf keine Zwangsverpflichtung sein, sondern ein Serviceangebot. Die Möglichkeit, sich der Bundesfinanzierungsagentur zu bedienen, gibt es ja schon heute. Es gibt aber bei manchen offenbar Bedenken wegen der Transparenz ihres Schulden-Managements.
Würden sich die Zins-Konditionen ändern, wenn das zentral eine Bundesagentur macht? In Europa werden auch Eurobonds überlegt, um schwachen Ländern zu billigeren Zinsen zu verhelfen.
Es würden sich für Länder und Gemeinden generell gesagt die Konditionen verbessern. Im Moment weniger, weil das Zinsniveau so tief ist, aber wenn die Zinsen wieder steigen, wäre eine Ersparnis bis etwa 0,25 Prozent schon möglich. Zu sagen ist noch, dass es bei der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA, Anm.d.Red.) ein professionelleres Management geben würde. Für komplexe Kreditverträge ist nämlich nicht nur wichtig, wie sie geschlossen werden, sondern sie müssen auch laufend beobachtet werden, da sich die Werte ständig ändern.
Reicht ein generelles Spekulationsverbot bei öffentlichen Mitteln nicht aus?
Wir haben als Nationalbank nach den Problemen 2009 geholfen, neue Veranlagungsrichtlinien bei der ÖBFA zu verabschieden, die sind schon sehr brauchbar. Aber Fremdwährungskredite haben immer ein Risiko, darauf weisen wir seit Jahren hin.
Wäre es nicht hilfreich, wenn die Nationalbank auch beim öffentlichen Schulden-Management, wie das halt genannt wird, als Aufsicht auftritt?
Nein, man muss das trennen. Wir prüfen mit der Finanzmarktaufsicht die Banken. Wir sind nicht der Rechnungshof und wollen das auch nicht sein. Aber es gibt in einem Punkt tatsächlich Handlungsbedarf. Seit langer Zeit versuchen wir - gemeinsam mit der Statistik Austria - die Höhe der tatsächlichen Haftungen zu eruieren, die die öffentliche Hand eingegangen ist. Die ist nach wie vor unbekannt, und es scheitert am Widerstand der Länder und Gemeinden. Da ist die gesetzliche Basis nicht ausreichend.
Kommen wir zu einem anderen Thema, der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa. Die Prognosen sind ja neuerlich gesenkt worden. Wird es eine Rezession geben?
Die Europäische Zentralbank (EZB, Anm. d. Red.) erwartet eine deutliche Abschwächung, das wurde ja kürzlich veröffentlicht. Das Problem ist, dass vor allem 2013 Deutschland so schwach ist. Das hat sicher Auswirkungen auf Österreich, wegen der engen Verflechtung.
Inklusive Salzburg steht Österreich nun 2013 ein echtes Superwahljahr bevor. Werden da notwendige Gegenmaßnahmen unterbleiben, weil ständig Wahlkampf ist?
Beim Wahljahr bin ich vor allem bei einem skeptisch: Wie geht die Entwicklung der Budgetkonsolidierung weiter? In Wahljahren sind Parteien tendenziell großzügig. Der durchaus erfolgreiche Weg der Budgetkonsolidierung sollte fortgesetzt werden.
Nicht nur bei uns wird gewählt, auch in Italien. Das Land ist Österreichs zweitgrößter Handelspartner. Silvio Berlusconi will nun doch zur Wahl antreten, Mario Monti zurücktreten. Gefährdet das die Lösung der Euro-Krise?
Zuerst muss gesagt werden, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Italien besser zu beurteilen ist als in anderen Ländern Südeuropas, die Leistungsbilanz schaut viel besser aus. Premier Monti hat hier gute Schritte gesetzt, 2013 wäre sogar erstmals wieder ein Primär-Überschuss im Budget möglich (das ist der Budgetsaldo vor Zinszahlung für die Staatsschuld, Anm. d. Red.).
Es gibt aber nun wieder Misstrauen der Finanzmärkte gegen Italien, und die jetzige Entwicklung hat eine erhebliche Unsicherheit ausgelöst. Ich hoffe, dass die dann neue Regierung den Reformkurs fortsetzt.
In Bayern begann eine Debatte um die EZB. Deutschland würde als kapitalstärkstes Land zeitweise seinen Sitz im EZB-Rat verlieren, wenn zwei weitere Länder der Eurozone beitreten, weil im Gouverneursrat ein Rotationsverfahren zum Tragen käme. Dem hat Deutschland ja bei der Gründung der EZB zugestimmt, oder?
Ja, das ist aber lange her, und derzeit ist diese Frage nicht aktuell. Unsere offizielle Position ist, dass wir keine Änderung der Regelung wollen. Gleichzeitig muss ich aber sagen, dass ich mir keine EZB vorstellen kann, in der Deutschland - wenn auch nur für kurze Zeit - kein Stimmrecht hat.
Was halten Sie von der Idee, den EZB-Rat nach Kapitalanteilen zu organisieren - wie den Aufsichtsrat einer börsenotierten Gesellschaft? Die Deutsche Bundesbank hält 27 Prozent und würde dann knapp mehr als ein Viertel der Stimmrechte im Rat dafür erhalten . . .
Ich kann nur die Aussage wiederholen. Die Position der Nationalbank ist: Wir wollen keine Änderung der jetzigen Regelung.
Bei der Nationalbank steht in der ersten Jahreshälfte 2013 die Neubesetzung oder Verlängerung des gesamten vierköpfigen Direktoriums an. Können Sie sagen, ob Sie Änderungen erwarten?
Das ist Sache des Eigentümers. Die Bewerbungsfrist endete am 10. Dezember, und ich kann nur eines sagen: Ich habe mich um eine weitere Amtszeit beworben.
Zum Abschluss noch eine Frage zu den Beteiligungen der Nationalbank. Deren Tochter Münze Österreich ist ja Großaktionär der Casinos Austria. Soll die verkauft werden? Und wie schaut es beim Banknotendruck aus?
Bei den Casinos Austria ist abzuwarten, ob die Lizenzen vom Finanzministerium verlängert werden. Bei der Banknotendruckerei konzentrieren wir uns auf Euro-Banknoten. Auslandsaufträge gibt es nur noch in geringem Ausmaß im Rahmen der EZB-Regeln.
Ewald Nowotny wurde 1944 in Wien geboren. Der Professor für Volkswirtschaft war 1978 bis 1999 Nationalratsabgeordneter (SPÖ). Danach war er bis 2003 Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, der Hausbank der EU. Seit 2008 ist er Gouverneur der Nationalbank (OeNB).