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"Für Optik ist der Optiker zuständig"

Von Stephanie Dirnbacher und Walter Hämmerle

Politik

Bandion-Ortner für Präzisierung des Anti-Korruptionsgesetzes. | Der Zugriff auf Kinderpornos soll bestraft werden. | Dringender Handlungsbedarf bei Insolvenzverfahren. | Wiener Zeitung": Frau Justizminister, die letzten parteifreien Ressortleiter waren honorige Persönlichkeiten, mussten sich jedoch mangels Durchsetzungsfähigkeit auf bloßes Verwalten beschränken. Droht Ihnen dasselbe Schicksal? | Claudia Bandion-Ortner: Mein Ziel ist es zu gestalten. Ich bin überzeugt, dass mir das auch als parteifreie Ministerin gelingen wird. Ich werde zu Politikern und Experten aller Parteien Kontakt halten, um das zu erreichen.


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Was steht ganz oben auf Ihrer politischen Agenda?

Im Vordergrund steht das Motto "Schutz durch Recht". Das soll sich durch alle Rechtsgebiete ziehen - sei es durch ein effizientes Strafrecht oder ein modernes Familienrecht. Ein besonderes Anliegen ist mir der Schutz der Kinder - diese sind das schwächste Glied in der Gesellschaft. Das soll sich etwa in einer weitergehenden Bekämpfung von Kinderpornografie äußern. Bis jetzt ist lediglich das Speichern und die Weitergabe von kinderpornografischen Darstellungen aus dem Internet strafbar. Ich will, dass künftig bereits das bloße Anschauen, der vorsätzliche Zugriff auf solche Internetseiten, unter Strafe gestellt wird.

Müssen dann nicht auch Änderungen beim Datenschutzrecht erfolgen?

Das muss man sicher genau prüfen.

Stichwort Online-Durchsuchung: Wie stehen Sie dazu?

Grundsätzlich befürworte ich die Online-Durchsuchung, die ja nichts anderes ist als eine virtuelle Observation. Dieser Schritt sollte aber nur bei sehr schwerwiegenden Delikten zur Anwendung gelangen, etwa bei Terrorismusverdacht.

Wer entscheidet darüber?

Die Entscheidung erfolgt sicher über Antrag der Staatsanwaltschaft und Bewilligung durch einen Richter. Offen ist, ob auch ein Rechtsschutzbeauftragter beigezogen werden soll.

Stichwort Kinderschutz: Jüngste Statistiken weisen eine alarmierend gestiegene Jugendkriminalität aus. Soll die Strafmündigkeit auf zwölf Jahre gesenkt werden?

Ein derart vielschichtiges Problem löst man sicher nicht, indem man die Kinder einfach einsperrt. Maßnahmen gegen straffällige Unmündige sind aber wichtig. Diesen muss altersgerecht deutlich gemacht werden, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist.

War es ein Fehler, den Jugendgerichtshof abzuschaffen?

Ich war damals als Standesvertreterin dagegen. Die Abschaffung können wir aber nicht mehr rückgängig machen .. .

Könnten Sie sehr wohl.

Das Regierungsprogramm sieht die Einrichtung eines neuen Gerichtsgebäudes in Wien vor. Hier einen Schwerpunkt auf Jugendstrafrecht zu legen, halte ich für eine interessante Möglichkeit.

Am Beschluss einer Reform des Familienrechts scheiterten bereits die letzte und die vorletzte Regierung - wird es nun endlich klappen?

Die Reform gilt es nur mehr zu finalisieren und umzusetzen. Zu klären sind aber noch Einzelfragen, etwa, ob es vor einer Scheidung eine verpflichtende Rechtsinformation geben soll.

Und?

Ich habe mir meine Meinung noch nicht abschließend gebildet. Als Frau kann ich mir sehr gut vorstellen, dass man hier in einer Ausnahmesituation steht und viele Dinge nicht bedenkt, die man bedenken sollte.

Bei der Familienrechtsreform hat die ÖVP noch ein Spezialproblem: Nämlich, ob homosexuelle Partnerschaften ihren Bund vor dem Standesamt oder lediglich vor einem Notar schließen sollen.

Fix ist, dass es ein eigenes Partnerschaftsgesetz für Homosexuelle geben wird. Binnen Jahresfrist wird es hier zu einer Lösung kommen. Es gibt aber auch noch einige offene Fragen, etwa im Bereich des Sozialversicherungsrechts. Die Frage Standesamt oder nicht ist noch nicht entschieden.

Wo wollen Sie noch den Hebel ansetzen?

Wir müssen sicher das Insolvenzverfahren reformieren. Gerade in Zeiten wie diesen werden Insolvenzverfahren weiter zunehmen. Das Motto soll "retten statt ruinieren" heißen, indem ein neues Sanierungsverfahren eingerichtet wird, bei dem rechtzeitig die Notbremse gezogen werden kann - noch bevor das ganze Geld verschwunden ist.

In der Justiz ist der Unmut über Personalnot groß - was wollen Sie dagegen tun?

Richter und Staatsanwälte arbeiten wirklich am Limit. Ich werde dafür kämpfen, dass die Justiz die notwendigen Ressourcen erhält. Natürlich müssen wir auch schauen, dass man vorhandene Ressourcen besser nutzt, indem etwa Richter von rein administrativen Aufgaben entlastet werden. Konkrete Planstellenzahlen für die Budgetverhandlungen möchte ich aber noch nicht nennen.

Laut manchen Beobachtern wurde beim Kampf gegen Korruption übers Ziel hinausgeschossen. Wird es hier Änderungen geben?

Das Anti-Korruptionsgesetz gehört präzisiert: Jeder soll wissen, was man darf und was nicht. Derzeit besteht eine zu große Unsicherheit.

Ist es Korruption, wenn eine Bank ihre Kunden zu den Salzburger Festspielen einlädt?

Das hängt davon ab, wer wen wo einlädt - so pauschal kann man das nicht beantworten. Bei Amtsträgern muss man sehr genau aufpassen.

Was wollen Sie dagegen unternehmen, dass sich ständig vertrauliche Anklageschriften in Medien wiederfinden?

Dieser Zustand gefällt mir überhaupt nicht. Dagegen müssen wir sicher etwas übernehmen. Ich lege aber die Hand für meine Kollegen ins Feuer, dass die Akten nicht vom Gericht an die Medien gehen. Auch die massive mediale Vorverurteilung ist ein großes Problem.

Apropos Medien: Diese spekulieren, ob Ihnen nicht das Schicksal von Andrea Kdolsky widerfährt - Selbstbeschädigung durch exzessive Seitenblicke-Auftritte.

Leute, die mich kennen, wissen, dass ich ein engagierter Mensch bin, der hart arbeitet und seine Vorstellungen rasch umsetzt. Es gibt wichtigeres als die Abendgestaltung von Richtern oder Politikern.

Wie ordnen Sie sich selbst gesellschaftspolitisch ein?

Ich bin politisch interessiert und sehr offen.

Ist offen gleichbedeutend mit liberal?

Nicht unbedingt. Liberal soll man sein, wenn Liberalität gefordert ist, und streng, wenn Strenge notwendig ist. Ich bin eine Feindin von Gleichmacherei.

Haben Sie schon einmal ÖVP gewählt?

Das werde ich Ihnen nicht verraten, auch für Richter gilt das Wahlgeheimnis.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Vizekanzler Josef Pröll?

Ich habe Josef Pröll erst diesen November zum ersten Mal persönlich getroffen. Wir werden aber sicher gut zusammenarbeiten.

Bawag-Staatsanwalt Georg Krakow wird Ihr Kabinettschef. Keine Angst vor einer schiefen Optik?

Georg Krakow ist der geeignete Mann für die Leitung meines Büros. Er ist fachlich äußerst kompetent, pflichtbewusst, parteiunabhängig und - was mir ganz wichtig ist - ich habe ihn als sehr objektiven Staatsanwalt kennengelernt. Und was die Optik angeht: Für die ist der Optiker zuständig.