Mit Krisensitzungen reagierte die Bundesregierung auf den Beginn des Irak-Krieges. Gleichzeitig war sie um Beruhigung bemüht: Für Österreich gebe es "keine zusätzliche Gefährdung", hieß es. Bundespräsident Thomas Klestil äußerte seine "Betroffenheit und Sorge" sowie die Hoffnung, dass die Kriegshandlungen rasch beendet werden können.
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Zwei Stunden nach Kriegsausbruch war auch in Österreich die erste Krisensitzung im Gange: Im Außenministerium trat ein Krisenstab zusammen. Am Vormittag berieten dann unter der Leitung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die zuständigen MinisterInnen: Vizekanzler Herbert Haupt, Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, Verteidigungsminister Günther Platter, Innenminister Ernst Strasser und Justizminister Dieter Böhmdorfer.
Schon davor hatte Bundespräsident Klestil via Aussendung seine "Betroffenheit und Sorge" zum Ausdruck gebracht sowie die Hoffnung, dass die Kriegshandlungen rasch beendet und ihre Auswirkungen auf die irakische Bevölkerung so gering wie möglich gehalten werden können. Klestil unterstrich, dass sich Österreich "in keinerlei Weise" an Kriegshandlungen beteiligen wird.
Ähnlich äußerte sich Ferrero-Waldner. Da es für die Militäraktion der USA gegen den Irak keine ausdrückliche Ermächtigung durch den Weltsicherheitsrat gebe, sei für Österreich nun der Neutralitätsfall eingetreten, erklärte sie.
Verteidigungsminister Platter bestätigte die Luftraumsperre für militärische Überflüge im Zusammenhang mit der Operation am Golf. Die Überwachung des Luftraums erfolge durch die Abfangjäger. Gleichzeitig war Platter um Beruhigung bemüht: Es sei nicht anzunehmen, dass Österreich Ziel von Terrorakten sein könnte.
Ebenso wenig sieht Innenminister Strasser eine "zusätzliche Gefährdung" für Österreich. Vizekanzler Haupt wiederum erwartet, dass jene Länder, die den Krieg gegen den Irak befürwortet haben, sich nun im humanitären Bereich besonders engagieren. Als Katastrophe bezeichnete Haupt das Fehlen einer gemeinsamen EU-Außenpolitik.
Unterdessen ist die internationale Hilfe bereits angelaufen. So sind die Erste-Hilfe-Stationen der Caritas im Irak nach den ersten Angriffen in Aufnahmebereitschaft. Sie werden sich um die Erstversorgung von Verwundeten kümmern.
UNHCR geht von 500.000 bis 600.000 Flüchtlingen aus
Bis zu einer Million Flüchtlinge erwarteten Hilfsorganisationen nach Kriegsbeginn. Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) ging von 500.000 bis 600.000 Menschen aus. Die meisten werden in Nachbarländer wie den Iran, nach Syrien oder Jordanien fliehen. Laut Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ist eine Million Binnenflüchtlinge zu befürchten.
Genaue Zahlen sind dennoch nicht abschätzbar. "Vor Beginn des Golfkrieges 1991 sind wir von 400.000 Flüchtlingen ausgegangen", erzählt Roland Schönbauer vom Wiener UNHCR-Büro. "Wochen nach der Befreiung des Kuwait waren es 65.000." Erst später waren rund zwei Millionen Menschen auf der Flucht.
Für Hilfsmaßnahmen hat der UNHCR bisher über ein Drittel der benötigten 60 Millionen US-Dollar erhalten. Mit dieser Summe kann die Organisation Vorbereitungen für bis zu 600.000 irakische Flüchtlinge treffen. Schon jetzt stehen in der Region (Türkei, Iran, Jordanien) Hilfsgüter wie Zelte, Decken, Hygieneartikel für rund 300.000 Menschen bereit. Die Versorgung mit Lebensmitteln werde durch die jeweiligen Regierungen und Hilfsorganisationen übernommen.
Mit einem Massenstrom von Flüchtlingen nach Europa rechnet Schönbauer nicht. "Im Moment ist es zu früh für derartige Spekulationen", erklärt er. Ähnliches gilt für Überlegungen zu Österreich als Zielland.
Im Jahr 1991 hatten 951 IrakerInnen in Österreich um Asyl angesucht, im Vorjahr waren es rund 4.400. Bis jetzt hat das Innenministerium keinen Anstieg der Zahl der AsylwerberInnen verzeichnet. Asylverfahren von IrakerInnen werden vorübergehend ausgesetzt. Gemäß einer EU-Richtlinie werden die Flüchtlinge in Folge auf die EU-Staaten aufgeteilt.
http://www.unhcr.at