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"Für Präsident Musharraf sieht es nicht gut aus"

Von Shams ul-Haq

Politik

Islamisten haben keine Unterstützung. | Ein Bürgerkrieg droht nicht. | "Wiener Zeitung":Wie lange wird sich Pakistans Präsident Pervez Musharraf noch halten können?


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Benazir Bhutto: Das ist schwer zu sagen, aber im Moment sieht es nicht gut für ihn aus. Glaubt man den Medien, ist Musharraf ein recht beliebter Staatschef, aber die Leute sind sehr verunsichert. In jedem Fall aber ist er geschwächt.

Droht in Pakistan eine ähnliche Situation wie in Algerien 1991, als die radikalen Islamisten die Wahlen gewannen, das Militär aber die Macht übernahm, die islamistische Partei verbot und die Wahl annullierte, worauf ein zehnjähriger Bürgerkrieg losbrach?

Nein, denn die islamistischen Parteien in Pakistan werden nicht vom Volk unterstützt.

Sie waren bereits zweimal Regierungschefin, aber nicht sehr erfolgreich. Glauben Sie, eine mögliche dritte Amtszeit würde erfolgreicher verlaufen?

Ich muss Ihnen widersprechen. Wenn Pakistan heute mit Schulen und Universitäten gut ausgestattet ist, so hat es dies unserer Partei zu verdanken. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wurden die meisten Arbeitsplätze während unserer Regierungszeit geschaffen - und wir konnten Frieden gewährleisten. Die Menschen in Pakistan möchten Erfolg und Frieden, und sie wissen, wer es ihnen ermöglichen kann.

Musharraf hat den Obersten Richter des Landes abgesetzt, was einen bisher nicht gekannten Juristenaufstand zur Folge hatte. Hätten Sie auch so gehandelt?

Während meiner Regierungsverantwortung habe ich nie einen Juristen abgesetzt. Ich hätte es auch jetzt nicht gemacht.

Ihre Partei PPP ist im südpakistanischen Karachi besonders stark vertreten. In der Metropole sind auch das islamistische Terrornetzwerk al-Qaida und die Taliban sehr aktiv. Gibt es Kontakte der PPP zu diesen Gruppen?

Wenn es Al-Kaida-Mitglieder und Taliban in Karachi gibt und wir sie finden, werden sie sofort inhaftiert und deportiert.

Glauben Sie, dass Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden noch lebt, und wenn ja, was glauben Sie, wo er sich befindet?

Präsident Musharraf sagt, er befinde sich im schwer zu überwachenden Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan. Die Experten gehen davon aus, dass er noch am Leben ist.

In Pakistan gilt noch immer die Todesstrafe. Würden Sie sie abschaffen?

Ich bin eine Gegnerin der Todesstrafe und bin dafür, sie abzuschaffen. In einer Demokratie haben dies jedoch die Menschen zu entscheiden. Ich habe schon einmal versucht, die Todesstrafe abzuschaffen, doch eine Mehrheit der Bevölkerung war dagegen.

Sie leben im Exil, bei einer Einreise nach Pakistan können Sie verhaftet werden.

Man muss gelegentlich solche Risiken eingehen.

Werden die Wahlen überhaupt stattfinden?

Die jetzige Regierung hat das zumindest gesagt, aber dass sie gerecht verlaufen werden, daran habe ich meine Zweifel.

Schaden die Mullahs Pakistan?

Es gibt zwei Kategorien von Mullahs. Die der ersten Kategorie sind Menschen, welche den Islam und die Lehren des Korans nicht missbrauchen, sondern in seiner wahren und vernünftigen Form lehren und verbreiten. Die Mullahs der zweiten Kategorie sind Rechtsextremisten, von denen einige Al-Kaida unterstützen und andere nach eigenen politischen Zielen streben. Nur sie fügen dem Land Schaden zu.

In welche Kategorie ordnen Sie die Mullahs der Roten Moschee ein?

Die Regierung sollte die extremistischen Mullahs outen und ihre illegalen Absichten und ihren Verrat aufdecken. Auch durch die Drohungen der Mullahs, dass sie durch ihre Selbstmordattentäter das Parlament vernichten werden, sollte sich die Regierung nicht einschüchtern lassen. Ich möchte nicht, dass noch mehr Blut fließt, doch die Regierung darf in dieser Frage nicht zurückweichen und muss standhaft bleiben. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Mullahs Menschen als Geiseln nehmen.

Zur Person

Benazir Bhutto (53) trat am 2. Dezember 1988 als erste Frau an die Regierungsspitze eines islamischen Landes. Ihre Regierungen (1988-1990 und 1993-1996) scheiterten jedoch an Korruptionsvorwürfen, die nie bewiesen werden konnten. Sie wurde als Tochter des ehemaligen Premiers Zulfikar Ali Bhutto in Karachi geboren, studierte in Harvard und Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaftslehre. 1999 ging sie ins Exil und lebt seitdem in Dubai, London und Washington. Bhutto will an den pakistanischen Parlamentswahlen Ende dieses Jahres teilnehmen und strebt wieder das Amt der Premierministerin an.

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