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Selbstanzeigen haben sich im Vorjahr fast verdoppelt: von 6878 auf 12.717.
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Wien. Der Staat braucht Geld. Alle EU-Staaten brauchen Geld. Daher werden die Steuerhinterziehungslöcher nach und nach gestopft. Ab 2017 soll in Österreich das Bankgeheimnis für Ausländer fallen, bis dahin wird auch die Debatte über das Bankgeheimnis insgesamt in Schwung kommen. Derzeit stehen Selbstanzeigen von Steuerbetrügern hoch im Kurs. Nicht nur in Deutschland mit dem wohl bekanntesten Steuersünder Uli Hoeneß, sondern auch in Österreich bekommen immer mehr Menschen schwache Nerven und melden ihre - häufig im Ausland geparkten - Steuerersparnisse dem Fiskus. Zuletzt hat der entlassene Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann Selbstanzeige bei den Finanzbehörden in Österreich und der Schweiz erstattet. Derzeit ermitteln die Steuerfahnder gegen den Künstler Hermann Nitsch. Der allerdings könnte sich - im Fall, er hätte etwas zu verbergen - nicht mehr mit einer Selbstanzeige retten, weil die Behörden schon tätig waren. Da wirkt die Physis des Gesetzes und nichts kann die inszenierten Rituale der Steuerfahnder stoppen. (In Dreieich in Deutschland wurde Donnerstagabend die Ausstellung "Physis der Seele - inszenierte Rituale" mit Hermann Nitsch eröffnet.)
Aber Selbstanzeigen sind ohnehin eine zweischneidige Sache. Sie sind nicht gerecht, bringen dem Staat aber Geld. Mit einer Selbstanzeige kann man gar nichts falsch machen, man zahlt die hinterzogene Steuer einfach nach. So jedenfalls ist das in Österreich, es herrscht völlige Straffreiheit. Selbst zu Beginn einer Betriebsprüfung kann man sich noch selbst belasten. In Deutschland wird immerhin ab hinterzogenen Steuern von 50.000 Euro ein 5-Prozent-Zuschlag eingefordert. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble drängt nun zwar auf eine Verschärfung dieser Regelung, will die Selbstanzeige aber bestehen lassen.
In Österreich fordert Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl, dass die Straffreiheit bei Selbstanzeigen vor Betriebsprüfungen entfällt und nur noch "strafmindernde Wirkung" haben soll. Und sie fordert einen 5-Prozent-Zuschlag für "Abgabenverkürzungen" von mehr als 50.000 Euro und einen 10-Prozent-Zuschlag bei mehr als 100.000 Euro. Interessant, dass man im Finanzjargon euphemistisch von Abgabenverkürzung spricht, wenn man Steuerhinterziehung meint.
Lohnabhängige können von solcher Güte des Staates nicht profitieren - sie haben schlicht nichts, was hinterzogen werden könnte. Strafbefreiende Selbstanzeigen bevorzugen Vermögende und Selbständige. Aber der Staat rechnet: Besser, er hat die Einnahmen aus Selbstanzeigen als gar nichts, weshalb diesen Geldhahn nicht ganz zugedreht wird.
Im Vorjahr hat es in Österreich 12.717 Selbstanzeigen gegeben - eine Verdoppelung zu 2012. Alleine 4555 davon kamen aus dem Abkommen mit der Schweiz.