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Für wie blöd halten wir uns?

Von Christian Ortner

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Angesichts der herben Verluste zehntausender Bankkunden mit sogenannten Fremdwährungskrediten klingt es auf den ersten Blick ja ganz vernünftig, dass derartige Kredite nun von der Bankenaufsicht abgedreht werden sollen, jedenfalls für den Normalverbraucher. Doch was vernünftig klingen mag, kommt in Wahrheit einer schlichten Entmündigung ohne Entmündigungsverfahren gleich.


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Denn mit welchem Recht maßt sich der Staat bitte an, einem volljährigen und mündigen Bürger vorzuschreiben, welche Art von Geschäft er mit seiner Bank machen darf und welche nicht? Warum lässt dieser Staat zwar die Wahl zwischen Parteien bei Wahlen, nicht aber zwischen Währungen bei einem einfachen Kreditgeschäft (obwohl die Wahl der falschen Partei wesentlich fataler sein kann als die der falschen Währung)? Welcher Logik folgt es, dass der Staat seinen Bürgern zwar erlaubt, sich beispielsweise mittels Aktieninvestments - oder mittels hundert anderer völlig legaler Geldanlagen - zu ruinieren, nicht aber mit Hilfe eines Fremdwährungskredites, wenn ihm denn danach der Sinn steht?

Dabei geht es nicht um die ja wirklich eher überschaubar relevante Frage, ob solche Kredite notwendig sind oder nicht. Dabei geht es um die höchst relevante Frage, welches Maß an Entmündigung wir uns eigentlich noch zumuten lassen wollen. Im Kern geht es also um die Frage, ob wir uns wirklich als halbdebile Insassen einer Wohlfahrtsanstalt verstehen wollen, deren von uns bezahlte Wärter dafür sorgen, dass wir nicht etwa die falschen energieintensiven Glühbirnen, die falschen unökologischen Duschköpfe und nun auch noch die falschen Kredite verwenden.

Es ist dies eine Anstalt, die ihre Insassen nicht nur entmündigt, sondern auch noch nach höchst willkürlichen Kriterien entmündigt: Warum niemand daran gehindert wird, sich einen SUV zuzulegen, der eine Badewanne Sprit pro 100 Kilometer braucht, aber ewiger Verdammnis anheim fällt, wer matte Glühbirnen herstellt, ist uns von der Anstaltsleitung nicht wirklich erklärt worden.

Vollends zur Verhöhnung jener, denen diese Norm angeblich nutzen soll, wird das Verbot der Kredite in fremder Währung durch seine Ausnahmen: "wohlhabende Privatkunden" sollen nämlich weiter derartige Geschäfte machen dürfen.

Damit kommunizieren uns die Behörden: Die Deppen unterhalb der Wohlhabenheitsgrenze - wo auch immer die liegen mag - sind zu blöd für so etwas, die Reichen hingegen sollen auch noch exklusiven Zugang zu potenziell billigeren Krediten haben. Der Staat entmündigt uns also nicht nur, er führt auch noch unterschiedliche Stufen der Teilentmündigung ein, für deren Zumessung der Kontostand entscheidend ist.

Das wirklich bedenkliche daran ist aber, dass die große Masse der mangels finanzieller Masse Vollentmündigten ihrer Entmündigung meist auch noch begeistert applaudiert.