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Zwei Jahre Haft für Pussy Riot - zu verdanken dem Zusammenwirken des russischen Präsidenten, der russischen Justiz und der russischen Orthodoxie. Ein intransparentes Netzwerk, das mit einem Rechtsstaat noch weniger zu tun hat als Kärnten unter Jörg Haider.
Das Urteil ist eine Frechheit. Eine noch größere Frechheit leistete sich aber Kirill I., Patriarch jener russisch-orthodoxen Kirche, die sich durch drei junge Frauen so ungeheuer beleidigt fühlte. Just am Tag der Urteilsverkündung fand sich Kirill in Warschau ein, um eine "historische Versöhnung" mit der katholischen Kirche zu vereinbaren. Schon davor gab es viel Verständnis aus Rom für den Gerichtsprozess. Blasphemie sei nicht zu tolerieren.
Wo endet wohl diese Gedanken-Kette? Im Mittelalter? In Russland ja, die Gefängnisstrafe für die drei jungen Frauen beweist dies. Selbst wenn man die Aktion der drei als geschmacklos bezeichnet, bleibt das Urteil ungeheuerlich.
Und dass die katholische Kirche bei diesem terminlichen Zusammentreffen mitspielte, das nur sehr mühsam als Zufall akzeptiert werden könnte, macht die Sache nicht besser.
Aber weltliche und kirchliche Fürsten können halt nur bestehen, wenn das Volk aus Untertanen besteht. Und wenn sie sich selbst außerhalb aller Gesetze (auch der Menschenrechte) stellen. Kirill I. beispielsweise ist nicht nur Oberhaupt einer Kirchengemeinschaft, sondern auch Verwalter eines angeblich vier Milliarden Dollar großen Vermögens. In den 1990ern handelte er - im Auftrag der orthodoxen Kirche - mit Tabak und Öl. Zigaretten sollen dabei als humanitäre Hilfsgüter von jeder Steuer befreit worden sein.
Schön, wenn man Freunde hat. Der Patriarch, der eine Wahlempfehlung für Wladimir Putin abgab und die Wahl als Wunder bezeichnete, durfte sich dafür nun bei Pussy Riot etwas vom Präsidenten und von dessen willfähriger Justiz wünschen. So bleiben die Fürsten unter sich und führen Rechtsstaat und Freiheit am Nasenring durch die Straßen. Wer glaubt, dass sich Putin mit dieser harten Aktion geschwächt hat, irrt. Der Prozess und die Urteile dienen der Disziplinierung der Untertanen. Und die wird damit ganz zweifellos erreicht. Auch die Kirchenfürsten bleiben unter sich. Die katholische Kirche versöhnte sich fristgerecht mit der russischen Orthodoxie. Ganz nach dem bekannten Motto: Hände falten, Gosch’n halten.