Zum Hauptinhalt springen

Fusionen in Österreich führen nur selten zu Personalabbau

Von Nadja Traxler-Gerlich

Wirtschaft

Welche Schritte setzen Österreichs Personalmanager in Rahmen einer Fusion oder Übernahme? In Gesprächen mit Personalchefs, Universitätsprofessoren und weiteren Branchenkennern ging die Human Resources Plattform oneStop Session - mit Unterstützung des Marktforschungsinstituts IMAS International - dieser Frage auf den Grund. Ergänzt wurden die Recherchen durch eine umfangreiche Befragung von 89 Personalmanagern sowie durch Tools und Fachbeiträge anerkannter HR-Persönlichkeiten von Wien bis St. Gallen. Das Ergebnis liegt nun in Form der 200-seitigen Publikation "Der HR-Faktor im Rahmen österreichischer Fusionen und Übernahmen" vor.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ein besonders überraschendes Ergebnis der Untersuchung ist das vergleichsweise geringe Ausmaß an Personalabbaumaßnahmen in Österreich nach einer Fusion. So spielten Entlassungen im Zuge einer Fusion nur für 7% der befragten Personalmanager eine Rolle - nur 14% gaben eine wesentliche Änderung in der Fluktuationsrate an. Diese Personalmanager gehörten zudem vorrangig Großunternehmen an, so dass Fusionen im Bereich von Klein- und Mittelbetrieben - die bei weitem wichtigste Fusionsgruppe in Österreich - üblicherweise ohne nennenswerten Personalabbau erfolgen.

Wenn man davon ausgeht, dass ein Human Resources-Manager (HR-Manager) im Laufe seines Berufslebens etwa 30 Jahre im Personalbereich tätig ist, so werden im vergleichbaren Zeitraum in Österreich knappe 6.000 Fusionen stattfinden, die ca. 12.000 Unternehmen betreffen. Ist der HR Manager in einem Groß- oder Mittelbetrieb tätig, dann liegt der Schluss nahe, dass er oder sie im Laufe des Berufslebens fast zwangsläufig mit der Umsetzung einer Fusion bzw. einer Übernahme betraut wird.

Auch für oneStop Session-Chefredakteur Gerhard Fenkart-Fröschl kam dieses Ergebnis unerwartet. "Schon im Zuge unserer Fallstudienrecherchen stellten wir fest, dass Personalabbaumaßnahmen eigentlich viel seltener stattfinden als allgemein angenommen wird. Mit einem derartigen Gesamttrend habe ich allerdings nicht gerechnet."

Die Untersuchung enthält weitere interessante Resultate. So wurden Personalmanager nach der innerbetrieblichen Kommunikationspolitik bei Fusionen befragt. Eine oft gestellte Aufgabe bei einer Fusion ist die Zusammenführung der beiden bisherigen Unternehmenskulturen. Offen ist allerdings die Frage, ob eine Unternehmenskultur denn überhaupt gesteuert werden kann. Mehr als 70% der Gesprächspartner meinten dazu: Kaum.

Und dennoch entbindet die mangelnde Steuerbarkeit der Unternehmenskultur den HR-Manager nicht von genau dieser Aufgabe. Denn die Nachsätze der befragten Personen waren ebenfalls deutlich: der Erfolgsbarometer für einen HR-Manager liegt bei einer Fusion oft gerade darin, wie erfolgreich er oder sie es schafft, die Unternehmenskultur um jenes schmale Grad zu verändern, der sich zwischen den Wörtern "kaum" und "gar nicht" verbirgt. "Aufschlussreich war auch die Erkenntnis, dass der Stellenwert der Kultur bei einer Fusion umso wichtiger wird, desto weiter sich ein Unternehmen von Grund und Boden als wichtigstem Produktionsfaktor entfernt. Es erscheint, dass der Steuerung der Unternehmenskultur im primären und sekundären Sektor (d.h. Landwirtschaft, Industrie) eine weitaus geringere Rolle zugedacht wird als im tertiären Sektor (d.h. Dienstleistungen)", so Gerhard Fenkart-Fröschl.

Es zeigte sich, dass die Erstinformation bei "gelungenen Fusionen" zwar möglichst rasch erfolgt, sich aber nur auf jene Informationen beschränkt, die völlig verlässlich sind.

Fenkart-Fröschl dazu: "Oft boten gerade jene Unternehmen, bei denen der Fusionserfolg als gering eingestuft wurde, das höchste Ausmaß an Erstinformationen. Allerdings waren in diesem Bündel auch Vermutungen enthalten, die sich dann zum Teil nicht bestätigten - das führte in Folge zu einem Vertrauensverlust seitens der Mitarbeiter."

Im Lichte dieser Zusammenfassung zeigte sich allerdings eine klare Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Denn nur wenige Personalchefs setzten bewusst alle bzw. die meisten Schritte der Checkliste.

Nähere Informationen: http://www.one-stop-session.at