Wenn Swissair-Konzernchef Philippe Bruggisser in der Früh | den Kursteil der Zeitung aufschlägt, hat er keinen Grund zur Freude. Die Aktien des einst so ruhmreichen Schweizer Luftfahrt-Konzerns befinden sich seit Monaten im ungebremsten Sinkflug und haben derzeit einen Tiefstand von rund | 225 Franken erreicht.
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Im Jänner kostete das Papier noch 355 Franken (233 Euro/3.206 Schilling). Vielen Anlegern ist nach den verlustreichen Beteiligungen des Swissair-Mutterkonzerns in Frankreich, Deutschland, Belgien und Portugal nun offenbar der Geduldsfaden gerissen.
Gleichzeitig machen immer neue Übernahme- und Fusionsgerüchte die Runde. Als mögliche Swissair-Fusionspartner werden in der Schweiz inzwischen Lufthansa, KLM, British Airways (BA) und Alitalia genannt. Die italienische Fluggesellschaft hat inzwischen eingeräumt, sie führe derzeit sowohl mit Swissair als auch mit Air France Gespräche über eine mögliche Kooperation.
Ein anderes Zukunftsszenario, mit dem sich die Swissair-Konzernleitung wohl oder übel auseinander setzen muss, ist eine Beteiligung der Swissair an einer der großen weltweiten Allianzen wie etwa der Star Alliance, zu der unter anderem Lufthansa, die Austrian Airlines-Gruppe und United Airlines gehören. Das würde die bisher unabhängige Swissair zum Juniorpartner machen.
Genau dies versucht Bruggisser jedoch mit seiner von der Swissair geführten Qualiflyer-Allianz, zu der neben Sabena und der polnischen LOT noch zahlreiche kleinere Airlines gehören, seit Jahren zu verhindern. Allerdings nimmt die Zahl der Anhänger dieser Strategie sowohl im Unternehmen als auch in der Schweizer Öffentlichkeit stetig ab. Für die "Berner Zeitung" ist die Qualiflyer-Allianz ohnehin nichts weiter als "ein von der Schweiz kontrolliertes Kolonialgebilde vorwiegend zweit- und drittklassiger Fluggesellschaften mit einem Weltmarktanteil, der Gerade ein Siebtel dessen der dominierenden Star-Allianz ausmacht".
Wie lange Berufsoptimist Bruggisser noch an seinem Kurs festhalten kann, ist ungewiss. Denn gleichzeitig muss sich der 52-Jährige mit vielen anderen Problemen herumschlagen. Nach dem Swissair-Absturz vor Halifax vor zwei Jahren verlor die Swissair ihren Titel als sicherste Airline der Welt. Am Flughafen Zürich-Kloten, der wichtigsten Drehscheibe des Konzerns, reagieren die Fluggäste zunehmend ungehalten auf die ständigen Verspätungen.
Gleichzeitig saugen die defizitären europäischen Beteiligungen der SAir-Group täglich mehr Geld aus dem Konzern. Durch einen Einstieg des deutschen Rewe-Konzerns bei LTU konnten die Schweizer zwar kürzlich eines ihrer größten Finanzlöcher stopfen. Ob Bruggisser die belgische Regierung zu einer finanziellen Beteiligung am Restrukturierungsprogramm des Sorgenkindes Sabena bewegen kann, darf aber angezweifelt werden.
Zwar stieg der Swissair-Umsatz im ersten Halbjahr dieses Jahres noch um 34% auf rund 7,5 Mrd. Franken. Das operative Ergebnis sank jedoch um ein Drittel auf 143 Mill. Franken und im Passagierfluggeschäft entstand sogar ein Verlust.
Dass der Konzern insgesamt noch einen mageren Gewinn von 3 Mill. Franken erzielen konnte, war allein dem guten Abschneiden der Konzernbereiche Swissair-Services, Swissair-Logistics und Swiss-air-Relations zu verdanken, die flugverwandte Dienstleistungen wie Bordverpflegung und Passagierabfertigung anbieten. Viele Investoren hoffen deshalb nun, dass SAir diese Bereiche abspaltet und an die Börse bringt.