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Analysten zweifeln an Fantasie: Keine Wachstumsstory. | RI-Papier verliert an Börse am Dienstag 12 Prozent. | Wien. Noch bevor die Raiffeisen-Granden offiziell über die angedachte Teil-Fusion der Raiffeisen Zentralbank (RZB) mit der Osteuropa-Holding Raiffeisen International (RI) entschieden haben, erteilen die Börsianer den Plänen eine klare Absage. Der Aktienkurs von RI ist am Dienstag um 12 Prozent auf 34,96 Euro eingebrochen. Das Urteil der Investoren und der Analysten ist eindeutig: Sie bewerten den Zusammenschluss als Wachstumshemmnis.
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Die Bewertungen von Raiffeisen International wurden durch die Bank herabgestuft. Die Unsicherheiten für Aktionäre hätten signifikant zugenommen, urteilten die Analysten von Sal. Oppenheim, die ihre Anlageempfehlung von "Kaufen" auf "Reduzieren" zurücknahmen.
Die Wertpapierspezialisten der Schweizer Großbank UBS raten zum Verkauf der RI-Papiere: Sie vermuten, dass neben einer Fusion mit anschließender Kapitalerhöhung auch die Veräußerung von RZB-Aktiva oder eine Reduktion der RZB-Anteile an Raiffeisen International zur Diskussion stehen könnte. Bereits Mitte Jänner hatte die UBS in einer Analyse die RZB als mögliche "Schwachstelle" in der gesamten Bankengruppe bezeichnet.
Angesichts der negativen Reaktion der Märkte halten Branchenkenner mögliche Pläne für eine Kapitalerhöhung im Anschluss an die Fusion für wenig erfolgversprechend. Die RZB stellt Kapitalbedarf zwar in Abrede, Insider gehen jedoch sehr wohl davon aus, dass sich das Spitzeninstitut des Raiffeisen-Sektors über den Zusammenschluss mit der bereits börsenotierten RI einen Zugang zum Kapitalmarkt schaffen will.
Experten glauben aber nicht, dass etwaige Aktien der fusionierten Gesellschaft Goldgräberstimmung auslösen würden. Trotz aller Turbulenzen im Zuge der Finanzkrise habe Raiffeisen International mit ihrem klaren Osteuropa-Fokus einen gewissen Reiz, heißt es. Die RZB hingegen sei als klassische Großkunden-Bank jedoch wenig interessant für Investoren.
Die tolle Story fehlt
"Das ist zwar genial gedacht", meint ein Branchen-Insider im Gespräch mit der "Wiener Zeitung": "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das am Markt umsetzbar ist." Die Wachstumsstory von Raiffeisen International, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Kapitalerhöhung über die Börse ist, wäre durch die Fusion wohl "kaputt".
Als "neutral bis leicht freundlich" beurteilt hingegen Anlegervertreter Wilhelm Rasinger den geplanten Zusammenschluss: "In Zeiten wie diesen ist es immer sinnvoll, wenn enge Verwandte näher zusammenrücken." Nachsatz: "Wobei offen ist, wer mehr anlehnungsbedürftig ist." Generell wertet der Präsident des Interessenverbandes für Anleger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" die neue Struktur allerdings "nicht unbedingt als Zeichen der Schwäche, sondern als Zeichen der Vernunft". Es gebe viele Überschneidungen; die RZB nehme viele Funktionen für die RI wahr. Und die Zeiten, in denen Osteuropa alleine die Wachstumsfantasie bedeutet habe, seien ohnedies vorbei. Rasinger erwartet, dass sich Raiffeisen mit der neuen Struktur der breiteren Möglichkeiten des Kapitalmarktes bedienen werde - sprich eine Kapitalerhöhung durchführen: "Nicht heute, nicht morgen, aber vielleicht übermorgen wird das wegen der künftig höheren Eigenkapitalerfordernisse und der anstehenden Rückzahlung des staatlichen Partizipationskapitals eine Option sein."
Ein kritisches Auge will Rasinger im Zuge der Fusion auf die Bewertung haben: Er befürchtet, dass Inhaber von RI-Aktien wegen des zuletzt schwachen Kurses des Papiers benachteiligt werden könnten und appelliert an die "Großzügigkeit" von Raiffeisen.
Siehe auch:
Porträt Herbert Stepic
+++ Großumbau im Raiffeisen-Reich: Ein Schritt aus der Not heraus?