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Fußball allmächtig

Von Walter Hämmerle

Leitartikel

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"Ich mache keine Politik, ich mache Fußball. Wenn ich Politik machen wollte, würde ich in die Politik gehen." Man darf getrost annehmen, dass Michel Platini, einst begnadeter Ballartist und heute Präsident des Europäischen Fußballverbands Uefa, seine eigenen Worte in diesem Fall nicht wirklich ernst gemeint hat. Man lässt sich ja nur ungern zwingen, an der Intelligenz so großer Männer zu zweifeln.

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Natürlich machen Platini, Weltverbandspräsident Sepp Blatter - und mit ihnen all die anderen Mitglieder der lieben großen Fußball-Familie - Politik. Was denn, außer umfassender Landschafts- und Beziehungspflege, sonst?

Fußball ist der einzige wirklich globale Sport, sein Spektakel bewegt - mit weiter steigender Tendenz - Milliarden Menschen und gigantische Summen, mit dem durchaus aus anderen Branchen bekannten Hang zur Blasenbildung und anschließender Sozialisierung der Verluste.

Es ist schlicht lächerlich zu behaupten, mit Politik habe all das nichts zu tun. Tatsächlich ist die von der Uefa und der Fifa, dem Weltfußballverband, stets im Mund geführte Rede vom unpolitischen Charakter dieses Spiels und seiner Inszenierung nichts anderes als eine höchst erfolgreiche politische Strategie zur Durchsetzung der eigenen Geschäftsinteressen.

Das muss man nicht mögen, man kann es aber, wenn man denn will, verstehen. Nur leugnen sollte man es nicht. Aus Respekt vor der Intelligenz von Akteuren und Publikum. 1978, bei der WM in Argentinien, konnte die Fußball-Familie die politische Situation in dem von einer Militärdiktatur regierten Land noch weitgehend ignorieren; heute ist das, selbst wenn sie wollte, ein Ding der Unmöglichkeit.

Und natürlich liegt es in der Natur des Fußballs, dass er die Welt ein klein bisschen besser zu machen vermag. Dazu müssen eigentlich nur die Richtigen verlieren und gewinnen.

Man stelle sich nur vor, die Griechen würden erneut Europameister . . . Die tiefe Depression, die über diesem Land liegt, wäre über Nacht wie weggeblasen, und neue nationale Zuversicht würde sich breitmachen. Europa und der Euro wären praktisch gerettet.

Vielleicht sollten einige, Investoren und EU-Nettozahler etwa, rechtzeitig mit den Italienern reden; die sollen ja angeblich in Sachen kreativer Ergebnisermittlung ganz gute Kontakte haben. Diesmal wäre es für eine wirklich gute Sache.

Die Fußball-EM auf wienerzeitung.at