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"Wenn man am Anfang der Saison prophezeit hätte, dass wir nun hier stehen, hätte ich das nicht für möglich gehalten." Damit ist Oliver Kreuzer, Sportdirektor des neuen Fußballmeisters Sturm Graz, nicht alleine. Der Klub hat sich zwar in den vergangenen Jahren wieder in Österreichs Spitze etabliert, der Titelgewinn kommt trotzdem überraschend.
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Zu groß war der finanzielle Vorsprung von Salzburg, die Konkurrenten aus Wien hatten wesentlich namhaftere Kicker in ihren Reihen. Sensation ist der Triumph aber keine, seit mittlerweile vier Saisonen sind die Grazer wieder Teil der großen Vier der Bundesliga. Zwar gab der Verein nach jeder Saison junge Spieler mit Perspektive ab, vielleicht hatte aber gerade das entscheidenden Anteil am Erfolg. Denn inzwischen hat Sturm den ältesten Kader der Liga, für einige Spieler ist es nicht der erste Titel, das sorgte für Coolness in der entscheidenden Phase.
Den Großteil seiner Punkte holte Sturm gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte. Im Gegensatz zu vergangenen Saisonen mit jüngeren Mannschaften gab es weniger spektakuläre Siege gegen die direkte Konkurrenz, aber auch wesentlich weniger Ausrutscher gegen die Kleinen. Auch die Transferpolitik unter Kreuzer war wenig spektakulär, aber sehr effizient: Bereits als gescheitert abgestempelte Spieler wie die beiden Stürmer Roman Kienast und Imre Szabics erreichten unter Trainer Franco Foda eine Form, die man ihnen nicht zugetraut hätte. No-Name-Spieler wie Thomas Burgstaller, Timo Perthel oder Patrick Mevoungou erwiesen sich als verlässliche Ergän zungen.
Das gibt dem Kader ein Gesicht, das sich fundamental von jenem bei den ersten beiden Titeln Ende der neunziger Jahre unterscheidet. Damals war die Mannschaft mit Stars und Ausnahmespielern gespickt. Auch die Klubführung hat sich fundamental gewandelt. Anstatt des offensiv öffentlichkeitswirksamen Hannes Kartnig steht nun Gerald Stockenhuber dem Verein vor, der Manager ist außerhalb von Graz nur Insidern ein Begriff.
So hat es durchaus Symbolcharakter, dass der dritte Meistertitel just in jenem Frühling gelang, in dem der Konkurs des Klubs im Jahr 2007 gerichtlich aufgearbeitet wird. Das Verfahren sollte den aktuell Verantwortlichen ein Mahnmal gegen die wirtschaftliche Unvernunft sein. Zumal nach dem Titel die Erwartungen und Begehrlichkeiten steigen dürften. Finanzielle Sprünge kann Sturm keine großen machen, aber von diesem oder einem ähnlichen Kader wird in der kommenden Saison der Versuch der Titelverteidigung und der Qualifikation für die Champions League verlangt werden - ein äußerst schwieriges Unterfangen. Auch im Fall eines Scheiterns Ruhe zu bewahren, wird für die Zukunft des Vereins entscheidend sein.
Siehe auch:Die Krönung für Sturm neu