ÖVP und Grüne haben den ersten Teil des Anti-Terror-Pakets präsentiert. Ein eigener Straftatbestand für religiös motivierten Extremismus wird geschaffen. Auch Symbole der Identitären Bewegung werden verboten..
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Für den Dezember war ein Gesetzespaket gegen Gefährdung durch Terroristen angekündigt, eine Woche vor Weihnachten hat die türkis-grüne Bundesregierung beim Ministerrat heute, Mittwoch, einen ersten Teil des Anti-Terror-Pakets präsentiert. Nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt am 2. November reagiert die türkis-grüne Koalition damit mit Verschärfungen speziell auf islamistische Gefährder. Es wird ein neuer Straftatsbestand für religiös motivierten Extremismus, nicht nur für Radikal-Islamisten geschaffen.
Die von der ÖVP geforderte Sonderhaft oder "Präventivhaft" für terroristische Straftäter ist in dem Gesetzespaket vorerst nicht verankert. Bei religiös motivierten extremistischen Straftaten wird aber die Möglichkeit für strengere Urteile geschaffen. In einem zweiten Paket soll dann die Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) nachgereicht werden. Dabei werden die Ergebnisse der von der türkis-grünen Bundesregierung eingesetzten Untersuchungskommission zum Terroranschlag in der Wiener Innenstadt am 2. November, die kommende Woche erwartet werden, sollen dabei einfließen.
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Wie Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) erläuterten, wird für terroristische Straftäter, die bedingt entlassen werden, die Möglichkeit einer elektronischen Fußfessel eingeführt. Der Innenminster dankte der Justizministerin dafür ausdrücklich. Außerdem wird die Probezeit für ehemalige terroristische Straftäter verlängert. Darüber hinaus wird es künftig möglich sein, frühere terroristische Straftäter sofort einem Richter vorzuführen, wenn diese gegen Auflagen auch bei der elektronischen Fußfessel verstoßen.
Der Innenminister kündigte weiters an, dass mit dem ersten Teil des Anti-Terror-Pakets auch ein "Terrorregister" eingeführt werde. In dieses sollen ehemalige terroristische Straftäter eingetragen werden. Es soll damit die Möglichkeit geschaffen werden, dass das Register beispielsweise von Unternehmen, die für kritische Infrastruktur zuständig sind, bei Bewerbungen eingesehen werden kann.
Weitere Punkte des Anti-Terror-Pakets sehen Änderungen im Staatsbürgerschaftsgesetz sowie im Symbolegesetz vor. Demnach sollen künftig sowohl Symbole der Identitären Bewegung als auch von weiteren radikal-islamistischer Organisationen verboten werden. Die Aberkennung von Doppelstaatsbürgerschaften soll künftig leichter und schneller möglich sein.
Bessere Vorbeugung gegen neue Terrorgefahr
Ein Schwerpunkt im Justizteil des Anti-Terror-Pakets liegt bei besseren Vorbeugemaßnahmen für potenzielle terroristische Gefährder, wie der "Wiener Zeitung" aus Koalitionskreisen erläutert wurde. Das betrifft eine Verbesserung bei der Resozialisierung von Personen, die bereits wegen eines terroristischen Delikts in Haft waren. Auslöser dafür ist, dass der erschossene Wiener Attentäter vorzeitig im Dezember des Vorjahres aus der Haft entlassen worden ist. Trotz Hinweisen ausländischer Geheimdienste wurden bei dem Anhänger des Islamistischen Staates (IS) jedoch keine strengeren Vorkehrungen gegen neuerliche terroristische Aktivitäten unternommen, wie bisherige Informationen nach dem tödlichen Anschlag in Wien zeigen.
Neben den intensiveren Bemühungen um die Resozialisierung möglicher terroristischer Gefährder werden im Justizwesen die Kompetenzen im Kampf gegen religiös motivierten Extremismus zusammengelegt. Das betrifft die Bündelung von Aufgaben, wie es bereits in den Staatsanwaltschaften in Wien und Graz der Fall ist. Künftig sollen aber auch bei Gerichten die Kompetenzen in diesem Bereich gebündelt werden. Eigene Staatsanwaltschaften nach dem Vorbild der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wird es jedoch nicht geben.
Verschärfungen im Islamgesetz
Die ÖVP hat wegen der Gefährdung durch islamistische Extremisten auch eine Sonderhaft für diese Personengruppe gefordert. Diese sollen, wie Bundeskanzler Sebastian Kurz betont erklärt hat, ähnlich wie derzeit geistig abnorme Rechtsbrecher auch nach einer Haft "weggesperrt" werden, solange von ihnen noch eine Gefahr ausgeht. Bei Justizexperten gab es gegen derartige Pläne massive Vorbehalte. Vor allem wird auch ins Treffen geführt, dass derzeit gar nicht ausreichend Plätze für eine solche Sonderhaft vorhanden seien. Eine derartige gesetzliche Regelung ist nun aber nicht in dem Paket verankert.
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) betonte, dass mit der Schaffung des neuen Tatbestandes sehr wohl eine Handhabe gegen den radikalen Islam geschaffen werde. Justizminister Zadic stellte hingegen ausdrücklich klar, dass sich das Gesetzespaket gegen jegliche Art des religiös motivierten Extremismus richte. Dabei handle es sich nun um eine Regelung, die menschenrechtskonform sei.
Verschärfungen werden im Islamgesetz vorgenommen. Diese zielen vor allem in zwei Richtungen. Einerseits soll ein Imam-Verzeichnis angelegt werden, damit die Behörden einen besseren Überblick über islamische Prediger in Österreich erhalten. Andererseits soll das Vorgehen gegen Moscheen erleichtert werden, wenn der Verdacht besteht, dass dort radikal-islamische Lehren verbreitet werden. Auch bei diesen beiden Punkten ist die ÖVP treibende Kraft. "Das ist kein Kampf gegen eine Religion, kein Kampf gegen eine Religionsgemeinschaft", versicherte Ministerin Raab, sondern für freie Religionsausübung und gegen religiös motivierten Terrorismus.