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Fußfessel: Jeder Zehnte bricht ab

Von Karl Ettinger

Politik

5700 Personen waren im elektronisch überwachten Hausarrest.


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Wien. Erfahrungen mit der Fußfessel statt dem Verbüßen einer Strafe im Gefängnis seien "durchwegs positiv". Andreas Zembaty, Sprecher des Vereins Neustart, der Häftlinge bei der Rückkehr ins Alltagsleben unterstützt und betreut, beschönigt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" aber auch nichts: "Nach acht bis neun Monaten wird für Betroffene die Fußfessel doch enger." Da komme es erfahrungsgemäß zu den ersten Krisensituationen. Diese Erkenntnisse sollen bei der von Justizminister Josef Moser vorbereiteten Ausweitung der Fußfessel von maximal einem auf maximal zwei Jahre berücksichtig werden.

Der Minister hat, wie in der Samstagausgabe berichtet, eine Novelle zum Strafvollzugsgesetz ausgearbeitet, die demnächst an den Koalitionspartner FPÖ übermittelt wird. Neben der Ausweitung der Fußfessel, mit der die überfüllten Gefängnisse entlastet werden sollen, ist auch die rechtliche Basis für den Einsatz von Bodycams wie bei der Polizei für Justizwache Fixbestandteil.

Abbruch bisher in 539 Fällen

Voraussetzung für den Einsatz einer Fußfessel für einen Häftling ist, dass er einer Beschäftigung nachgeht. Im Vorjahr haben nach den Daten von Neustart im Jahresschnitt 368 Häftlinge den elektronisch überwachten Hausarrest mit der Fußfessel verbüßt. Nach der Ausweitung auf bis zu 24 Monate wird damit gerechnet, dass 150 bis 200 Personen zusätzlich pro Jahr eine Fußfessel tragen werden. 2017 trugen 345 Personen die Fußfessel. Nach den jüngsten Daten des Justizministeriums waren es von der Einführung 2010 bis Ende 2018 insgesamt 5707 Fußfessel-Träger. Rund zehn Prozent der Betroffenen haben diese Form des Strafvollzugs abgebrochen, wie Zembaty erläutert. Das Justizressort weist seit der Einführung 539 Abbrüche beim Tragen der Fußfessel aus.

Wobei wenige Häftlinge mit Fußfessel rückfällig werden. Die Rate jener, die wegen einer neuerlichen Straftat verurteilt wurden, liegt bei unter einem Prozent. Öfter kommt es dazu, dass sich Betroffene mit Fußfessel daheim nicht an das Alkoholverbot mit 0,0 Promille halten. Diese wird stichprobenartig mittels Atemtest über Video kontrolliert. Ein Hauptgrund für den Abbruch der Fußfessel ist der Jobverlust. Wenn das passiere, versuchten Sozialarbeiter sofort einzugreifen, erklärt man bei Neustart.

Häftlinge, die - anders als Träger einer Fußfessel - als Freigänger das Gefängnis tagsüber zur Arbeit verlassen und die Nächte in der Justizanstalt verbringen, dürfen am Wochenende zu Hause sein. Das größte Problem für die Bewährungshilfe sei, wenn Häftlinge keinen Kontakt zur Außenwelt haben und die damit einhergehende "Entfremdung", erklärt Zembaty. Ausgänge würden einen Blick ermöglichen, welche Probleme nach der Haft warten.

"Chaos" durch Brandstetter

Albin Simma, Chef der Justizwachegewerkschaft, lobt die Neuerungen. "Die Novelle zum Strafvollzug war schon länger überfällig", meint er zur "Wiener Zeitung". Damit könnten statt Gummiknüppeln Teleskopstöcke eingesetzt werden. Die Ausweitung des Katalogs an Dienstwaffen sieht auch die Erlaubnis für neue Taser X26-Geräte vor. Diese seien bisher als lebensbedrohende Waffe erlaubt gewesen, künftig könnten diese auch als mindergefährliche Waffe eingesetzt werden.

Simma streut Moser wegen der erleichterten Neuaufnahmen Rosen. Es gebe jetzt mit 180 Personen einen "Run". Vorgänger Wolfgang Brandstetter habe beim Personal "ein Chaos hinterlassen, das muss Moser aufräumen", betont der Gewerkschafterchef. Moser bemühe sich seit dem Amtsantritt im Dezember 2017, die Probleme im Strafvollzug und beim Personal zu beheben.