SPÖ fordert "echte" Fußgängerzone - ohne Bus und Rad. Grüne verärgert.
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Wien. Aus Michael Häupls Versuch, das Thema Mariahilfer Straße "friedlich" zu lösen, ist nun ein veritabler Koalitionsstreit geworden: Am Mittwoch hat die Wiener SPÖ an den grünen Koalitionspartner per Presseaussendung die Forderung gerichtet, aus der Mariahilfer Straße eine "echte" Fußgängerzone zu machen - das heißt ohne Bus und ohne Fahrräder. "Und zwar am besten zwischen Andreasgasse und Stiftgasse", heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Text.
Kurios an der ganzen Sache ist der Umstand, dass einer der angeblichen Urheber von diesem Pressetext gar nichts wissen dürfte: Die Mariahilfer Bezirksvorsteherin Renate Kaufmann befindet sich nämlich gerade auf Urlaub im Ausland und verweist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" auf die bis zum Jahresende laufende Evaluierung. "Über Adaptierungen wird erst danach gesprochen. Bis dahin darf jeder alles sagen."
Bei den Grünen ist man verärgert: "Das können die doch nicht ernst meinen", meinte Verkehrssprecher Rüdiger Maresch am Mittwoch. Wenn die SPÖ-Forderungen tatsächlich so umgesetzt werden, würde sich die Fußgängerzone nur noch auf zwei Häuserblocks erstrecken. "Das ist schon ein bisschen eigenartig", so Maresch. Auch im Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou staunte man über das Vorgehen des Regierungspartners. Das ständige "Pirouettendrehen" der SPÖ in Sachen Mariahilfer Straße weise offensichtlich auf die chaotischen Zustände in der Partei hin, hieß es. Auf alle Fälle werde man an den jüngst vereinbarten Plänen festhalten - "das heißt, die derzeit laufende Verkehrszählung abzuwarten und dann über mögliche Adaptierungen zu entscheiden", so ein Sprecher.
Im SPÖ-Klub rechtfertigt man den Vorstoß wiederum damit, "dass bei den Grünen nichts weitergeht". Und ein bisschen trotzig ist man auch: Laut Klubchef Rudolf Schicker habe die SPÖ nichts von den veröffentlichten Renderings über das mögliche Aussehen der zukünftigen Mariahilfer Straße gewusst. Außerdem hätten die Grünen ohne Wissen der SPÖ den 23. Oktober als Deadline genannt, um Ergebnisse zu präsentieren - daher wolle man eben schon jetzt den eigenen Standpunkt darlegen, zumal die Öffentlichkeit schon lange darauf warte. Aber natürlich sei man an einer friedlichen Lösung interessiert. "Es ist ja nicht unfriedlich, eine Presseaussendung zu machen", erklärte eine Klubsprecherin.
"Gab keine Text-Freigabe"
Auf die Frage, warum man sich nicht nach zwei Jahren Diskussion um die Mariahilfer Straße mit dem Koalitionspartner besser abgesprochen habe, erklärte die Klubsprecherin, dass es vonseiten Vassilakous bis dato kein entsprechendes Angebot gegeben habe. Aber man gerne zu einem Gespräch bereit sei, "schließlich wollen wir eine gute Lösung für alle Beteiligten".
Angesprochen auf Renate Kaufmann wurde betont, dass die Bezirkschefin sehr wohl von den Forderungen gewusst habe. "Aber es ist korrekt, dass wir keine Rückmeldung zur Freigabe des Textes von ihr erhalten haben", hieß es aus dem Klub. Kaufmann habe auf die E-Mails nicht reagiert. Um so "bemerkenswerter" sei es, dass Kaufmann kein Problem damit habe, aus dem Urlaub Medienanfragen zu beantworten. Auf jeden Fall sei der Text am Ende vom SPÖ-Bezirksvorsitzenden Peko Baxant freigegeben worden - schließlich verfolge die SPÖ eine gemeinsame Linie.
Peko Baxant wiederum verwies auf den Klub. "Meine Aufgabe ist es nicht, für die Presseaussendungen zu sorgen", erklärte er. Wichtig sei, dass nun jeder wisse, was die SPÖ wolle - "nämlich dasselbe wie die Grünen: eine Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße". Dass die Grünen dabei ein ganz anderes Konzept verfolgen, dürfte Baxant nicht ganz klar sein: "Ob die Radfahrer auf der Mariahilfer Straße fahren oder woanders, ist doch eigentlich egal", meint er. Und das vor dem Hintergrund, dass der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr erst vor kurzem betont hatte, dass es eine Verbannung der Radfahrer aus der Fußgängerzone mit den Grünen nicht geben werde.
Konkrete Forderungen
Konkret fordert die SPÖ die Wiedereinführung von mindestens zwei Pkw-Querungsmöglichkeiten - etwa im Bereich Stumpergasse/Kaiserstraße und im Bereich Windmühlgasse/Karl-Schweighofer-Gasse. Und sie fordern eine Ausweitung der Fußgängerzone bis zur Stiftgasse, wobei die Radfahrer generell verbannt werden sollen. Dafür soll die untere Begegnungszone bis zur Zweierlinie aufgehoben und für Autos wieder normal befahrbar werden.
Eine Fußgängerzone ohne Bus heißt für die SPÖ aber nicht unbedingt, dass der 13A eine andere Route fahren muss. Er könnte auch weiter über die Mariahilfer Straße fahren, dann müsste eben in diesem Bereich "der Zustand wie vor dem Probebetrieb" wiederhergestellt werden - sprich: die Fußgängerzone zwischen Neubau- und Kirchengasse aufgehoben werden. Als Alternative gilt die Busführung durch die Neubaugasse in beide Richtungen.
Wenn zwei sich streiten . . .
Die ÖVP zeigte sich unterdessen erfreut über die von der SPÖ angeregte "Reform des gescheiterten Vassilakou-Experiments" und sah den "rot-grünen Beton" in Wien bereits bröckeln. Die FPÖ sieht sogar schon das Ende der Koalition nahen.