Skepsis beim Klimaschutz | Sarkozy für die Aufnahme Chinas und Indiens | Vor dem größten G-8-Gipfel aller Zeiten sehen Beobachter wenig Chancen auf eine Einigung bezüglich der Maßnahmen zum Klimaschutz. Aktuell wollen die Vertreter wichtigsten Industriestaaten eine Getreide-Notreserve für arme Staaten aufbauen, um angesichts weltweit dramatisch gestiegener Preise für Nahrungsmittel Hungersnöte und Revolten zu verhindern.
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"Ich glaube nicht, dass wir zu einer Einigung kommen werden", sagte der kanadische Umweltminister John Baird zum Thema Klimaschutz. Dazu werde es erst bei den UNO-Verhandlungen 2009 in Kopenhagen kommen. Nach den Worten eines Vertreters der französischen Regierung geht es bei dem Treffen der sieben führenden Industrienationen und Russlands vor allem darum, mit einer Vereinbarung die Entwicklungsländer zur Teilnahme an einem weltweiten Klimaschutzabkommen zu bewegen.
Nach Einschätzung von Analysten und Diplomaten werden die Staats-und Regierungschefs am Ende des dreitägigen Gipfels womöglich ein verwässertes Klimaabkommen vorlegen, damit der japanische Ministerpräsident Yasuo Fukuda sein Gesicht bewahren kann. Wirkliche Fortschritte wird es demnach erst nach der US-Präsidentenwahl geben. George W. Bush kam indes nach seiner Ankunft in Japan mit Fukuda zusammen.
Getreidehilfe
Ein wichtiger Punkt der Beratungen ist die weltweite Nahrungsmittelkrise. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat darauf hingewiesen, dass diese eine Bedrohung der Sicherheit in zahlreichen Staaten darstellt. In den vergangenen Monaten gab es bereits in mehreren afrikanischen Ländern lokale Hungerrevolten.
Die G-8 planen nach Berichten eine Vorratshaltung von Getreide, das im Bedarfsfall auf den Markt geworfen werden soll, um die Preise zu stabilisieren.
Die Hilfsorganisation Oxfam wies am Sonntag darauf hin, dass die steigenden Preise für Energie und Nahrung arme Staaten am härtesten träfen. Oxfam, forderte die Vertreter der G-8 auf, ihre Biosprit-Politik überdenken.
Themen
Unterdessen sprach sich der französische Präsident Nicolas Sarkozy erneut für eine Erweiterung der G-8-Gruppe um Schwellenländer wie China und Indien aus. "Wenn man Frieden und Entwicklung will, dann müssen alle eingeladen werden", sagte Sarkozy. Er setze sich außerdem dafür ein, dass auch der afrikanische Kontinent "am Tisch der Weltmächte" vertreten sei.
Der russische Präsident Dimitri Medwedew will beim G-8-Gipfel mit US-Präsident George W. Bush über strittige Themen wie den geplanten US-Raketenschild in Osteuropa und ein neues Abkommens zur Beschränkung des Atomwaffenarsenals sprechen. "Was den Raketenschild angeht, gehen unsere Haltungen weiter auseinander", sagte Medwedews außenpolitischer Berater Sergej Prichodko der Nachrichtenagentur Interfax. Bei seinem Besuch im russischen Sotschi habe Bush die Einwände Moskaus anerkannt, und "versprochen, sie zu besänftigen". Diesem Signal seien aber keine Taten gefolgt, bemängelte Prichodko.
Von seiner Sommerresidenz in Castel Gandolfo aus rief Papst Benedikt XVI. die G-8-Staaten dringend auf, die Hilfe für die Ärmsten und die Schwächsten in den Mittelpunkt ihres Gipfels zu stellen. Diese Menschen würden durch Finanzspekulationen und -turbulenzen mit ihren negativen Folgen für Lebensmittel- und Energiepreise stärker als andere betroffen, sagte Benedikt. "Ich hoffe deshalb, dass die Großzügigkeit und die Weitsicht den Verantwortlichen helfen werden, einen gerechten Entwicklungsprozess in Gang zu setzen, um die Würde der Menschen zu retten."
Die USA wollen am Gipfel auch das Thema Simbabwe erörtern und rechnen mit einer scharfen Verurteilung von Machthaber Robert Mugabe. Die Staats- und Regierungschefs würden die Legitimität von Mugabes Regierung klar infrage stellen, zeigte sich ein hochrangiger Sicherheitsberater von Präsident Bush überzeugt.
Der Gipfel 2008
Der G-8-Gipfel in Japan wird der größte seit Gründung der Gruppe der wichtigsten Industriestaaten im Jahr 1975 sein. Insgesamt nehmen 22 Staats- und Regierungschefs sowie die Chefs von UNO, Weltbank, Afrikanischer Union, EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds, OECD, der Internationalen Energieagentur und eventuell der Welthandelsorganisation teil.
Am Montag sind zum Auftakt des Gipfels sieben afrikanische Staaten zu Gast: Algerien, Äthiopien, Ghana, Nigeria, Senegal, Südafrika und Tansania.
Am Dienstag ist die G-8 unter sich. Am Mittwoch stößt die Gruppe der fünf wichtigsten Schwellenländer zu den Beratungen. Mit dieser G-5, der China, Indien, Südafrika, Mexiko und Brasilien angehören, hat die G-8 im vergangenen Jahr einen Prozess enger Konsultationen über wichtige globale Themen wie den Klimaschutz eingeleitet. Dieser Prozess wurde nach dem damaligen Tagungsort Heiligendamm benannt.
Nach dem Treffen der "G-8 plus 5" wird der Kreis noch einmal um drei Länder auf 16 erweitert. Mit Südkorea, Indonesien und Australien wird es dann um das neue UN-Klimaschutzabkommen gehen, das 2012 das Kyoto-Abkommen ablösen soll.