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G-8-Gipfel in Genua wird auch zur Feuerprobe für Berlusconi

Von Micaela Taroni

Politik

Rom/Genua - Der G-8-Gipfel in Genua wird zur ersten großen Bewährungsprobe für den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Unter der Gefahr schwerster Ausschreitungen, mit denen "Hardliner" der Anti-Globalisierungsfront drohen, debütiert Berlusconi am Freitag als Gastgeber eines internationalen Treffens, auf das die Aufmerksamkeit der ganzen Welt gerichtet ist.


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Berlusconi muss sich jedoch nicht nur auf Proteste aufgebrachter "Seattle-Fans" gefasst machen, die sich das Scheitern des Gipfels zum Ziel gemacht haben. Der im Mai zum Regierungschef aufgerückte Medientycoon wird auch Zielscheibe der Attacken der Gegner seiner Mitte-Rechts-Regierung werden. Vertreter der Gewerkschaften, von Autonomengruppen und Linksradikale: Das Motto der italienischen Anti-Globalisierungs-Bewegung ist es nicht nur, den Gipfel der sieben führenden Industriestaaten und Russlands zu stören, sondern auch Berlusconi auf der internationalen Bühne in Verlegenheit zu bringen.

Der 63-jährige Premier macht kein Hehl daraus, dass ihm der Gipfel schlaflose Nächte bereitet. Der Großteil der Vorbereitungen für das umstrittenste Treffen seit Jahren war von seinem Vorgänger Giuliano Amato getroffen worden, der angesichts des Machtwechsels in Rom aber nun nicht mehr den Gastgeber spielen darf. Berlusconi nahm nach dem Amtsantritt die Vorbereitungen aber selbst in die Hand und sparte nicht mit Kritik an der von Amato geleisteten Vorarbeit.

Genua sei eine "unglückliche Wahl" gewesen, meint Berlusconi. Der Beschluss, den Gipfel in der ligurischen Hauptstadt zu organisieren, die mit ihren verwinkelten Gassen ein ideales Versteck für radikale Gruppen und orthodoxe Globalisierungsgegner ist, sei ein "Geschenk" der Regierung Amato an den linksgerichteten Bürgermeister der Stadt, Domenico Pericu, der alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um die Regierungschefs der G-8 in seine Stadt zu locken. Die Linke habe nicht die Tatsache berücksichtigt, dass Genua aus logistischen Gründen ungeeignet sei, einem Ansturm militanter Globalisierungsgegner zu begegnen. Hunderte Gassen und Plätze Genuas müssen täglich von 15.000 Polizisten kontrolliert werden. Häuser und die Kanalisation werden durchsucht. Das Stadtgebiet um die so genannte "rote Zone", der sich die "Seattle-Fans" nicht nähern dürfen, gilt dennoch als schwer kontrollierbar. Doch trotz der zahllosen Bedenken musste Berlusconi gute Miene zu bösem Spiel machen. "Italiens Image steht auf dem Spiel. Die Welt wird uns auch nach der Effizienz bewerten, mit der wir diesen Gipfel organisieren", predigte Berlusconi seinen Mitarbeitern.

Der Premier hat in den letzten Tagen immer wieder den Palazzo Ducale inspiziert, in dem sich die acht Großen der Welt treffen werden. Böse Zungen behaupten, Berlusconi habe sogar höchstpersönlich die Farbe des Blumenschmucks in den Räume des Palazzo sowie die Farben der Schreibtische im Presseraum ausgesucht. Sein Slogan lautet: "Details sind das Wichtigste". Dominante Farbe ist hellblau, die Lieblingsfarbe des Regierungschefs.

Um die Gefahr auszuschließen, dass der Gipfel eher wegen Krawallen als wirtschaftlichen Beschlüssen in Erinnerung bleiben, musste sich Berlusconi wider Willen zum Dialog mit den Globalisierungsgegnern durchringen. "Ich hoffe, dass der Gipfel in Genua der Beginn eines stärkeren Dialogs mit den Entwicklungsländern bedeuten wird. Die Globalisierung zu lenken, ist die große Mission, die der EU bevorsteht", betonte Außenminister Renato Ruggiero, der mehrfach die Führer des "Global Social Forum" traf, einer Plattform, in der über 700 Gruppen von Globalisierungsgegner organisiert sind. Ob der gute Wille allein genügen wird, die Globalisierungsgegner milder zu stimmen, ist fraglich. Berlusconi macht sich auf das Schlimmste gefasst.