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In den Nato-Stäben wird mit Hochdruck an der Ausarbeitung von Plänen gearbeitet, wie man Muammar Gaddafi die Lufthoheit über Libyen entreißen könnte. Das wäre das Gebot der Stunde, denn der Diktator lässt seine Kampfflieger Bomben auf die Städte im Osten werfen, auf die er keinen direkten Zugriff mehr hat. Außerdem lässt Gaddafi Söldner auf dem Luftweg nach Tripolis bringen. Wäre der Luftraum über Libyen gesperrt, wäre Gaddafi stark geschwächt. Ob die Aufständischen dann Tripolis einnehmen und den Diktator endgültig beseitigen können, bleibt freilich dahingestellt.
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In Bengasi, dem Zentrum des Widerstandes in Libyen, diskutiert die provisorische Verwaltung bereits, ob man den Westen offiziell bitten soll, einzugreifen. Zu den Rebellen übergelaufene Offiziere der libyschen Armee halten das für sinnvoll. In Misurata, 200 Kilometer östlich von Tripolis, soll die Bevölkerung für eine militärische Unterstützung aus dem Ausland sein.
Dass der Himmel über Libyen rasch und flächendeckend gesperrt wird, erscheint zum jetzigen Zeitpunkt aber fraglich. Die USA, die stärkste Nato-Militärmacht, haben kein gesteigertes Interesse daran, in irgendeiner Form in Libyen militärisch aktiv zu werden. Der Einsatz im Irak konnte erst im Sommer halbwegs glimpflich beendet werden, der verlustreiche Krieg in Afghanistan zehrt weiterhin an der Substanz der Supermacht. Man schließe ein Eingreifen zwar nicht kategorisch aus, die US-Regierung habe aber in punkto Flugverbotszone noch einen "weiten Weg" vor sich, lässt US-Außenministerin Hillary Clinton wissen. Washington sieht auch völkerrechtliche Hürden, und die sind hoch: Die Nato bräuchte - wenn alles seine Richtigkeit haben soll - ein Mandat der UNO. Die Chinesen sind aber gegen jede militärische Intervention in Libyen und können als Mitglied des UN-Sicherheitsrats die notwendige Resolution jederzeit blockieren.
US-Präsident Barack Obama hat den Alleingang seines Amtsvorgängers George W. Bush im Irak stets kritisiert, er wird vor einem umfangreichen militärischen Eingreifen ohne Sanctus der UNO zurückschrecken. Frankreich und Großbritannien haben Gaddafi zwar mit einer Flugverbotszone gedroht, zumindest Paris will aber nicht ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrats tätig werden. Deutschland hält eine Intervention generell für kontraproduktiv.
Was dem Westen zu denken gibt, ist der Umstand, dass Durchsetzung und Überwachung einer Flugverbotszone kein Spaziergang wären. So müssten Gaddafis Flugabwehr und Kampfjets ausgeschalten werden, dabei würden libysche Soldaten streben. Die Nato sähe sich schnell in Kampfhandlungen mit einem Diktator verstrickt, der nicht mehr zurechnungsfähig ist. Um den riesigen libyschen Luftraum zu überwachen, wären hunderte Kampfjets notwendig. Ein großer, vielleicht zu großer Aufwand, den die Nato bestreiten müsste.
Siehe auch:Gaddafi schickt Bomben nach Osten