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Gaddafi - ein Fall für den Internationalen Gerichtshof?

Von Georg Friesenbichler

Politik
Indische Gastarbeiter nach der Flucht aus Libyen in Tunesien, wo Flüchtlingslager eingerichtet wurden. Foto: reu

EU und USA planen Sanktionen-Paket. | Ashton: "Wir prüfen alles, Reise- beschränkungen, Kontensperrungen." | Brüssel/New York. In einem Punkt ist der Westen mittlerweile einig: Auf die libysche Führung muss Druck ausgeübt werden, damit die Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen aufhören. Über das Wie wurde am Freitag aber noch verhandelt.


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Uneinigkeit herrschte etwa darüber, ob eine Flugverbotszone über Libyen verhängt werden soll. Damit könnten Luftangriffe der libyschen Luftwaffe auf Zivilisten verhindert werden. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens im ungarischen Gödöllö, ein solches militärisches Eingreifen werde derzeit nicht in Betracht gezogen. Frankreichs Außenministerin Michele Alliot-Marie schloss hingegen eine Flugverbotszone nicht aus.

Ashton sprach davon, dass sie in engem Kontakt mit den USA sei. Die Kontakte laufen aber nicht nur über sie: US-Präsident Barack Obama telefonierte am Freitag mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy, dem britischen Premierminister David Cameron und Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi über "effektive Wege", die Gewalt in Libyen zu beenden.

"Wir prüfen alles, Reisebeschränkungen, Kontensperrungen, in den nächsten Tagen", sagte Ashton über mögliche Sanktionen. Einigkeit zwischen den USA und der EU zeichnet sich in einigen Punkten ab: Für das Umfeld der libyschen Führung werden Einreisesperren gefordert, zudem sollen die Auslandsvermögen der Führungsriege gesperrt oder eingezogen werden. Die USA wollen die Ausfuhrgenehmigungen Libyens außer Kraft setzen, Waffenlieferungen nach Libyen sollen gestoppt werden. Der Staat soll aus dem UNO-Menschenrechtsrat ausgeschlossen werden, eine Maßnahme, die allerdings durch eine Zweidrittelmehrheit in der UNO-Vollversammlung bestätigt werden muss.

Europäer kommen raus, Asiaten sind gestrandet

Ein gemeinsamer UNO-Resolutionsentwurf von Frankreich und Großbritannien sieht darüber hinaus auch die Anrufung des Internationalen Strafgerichtshofs vor, um Staatslenker Muammar Gaddafi und seine Getreuen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuklagen. "Leute, die für dieses Regime arbeiten, sollen sich daran erinnern, dass die internationale Justiz einen langen Arm und ein langes Gedächtnis hat", sagte der britische Premier Cameron. Unterstützung bekommt er dabei unter anderem von Österreichs Außenminister Michael Spindelegger.

Die diversen Maßnahmen wurden in einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates erörtert, die Freitagabend in New York begann. Auch die Nato beriet über ihre Möglichkeiten zu helfen. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen betonte schon vorher, dass die Evakuierung von Menschen, vielleicht auch humanitäre Hilfe absolute Priorität genieße. Die EU-Kommission schätzt, dass sich noch 3700 Europäer im Bürgerkriegsland befinden, 3400 hätten Libyen bereits verlassen.

Schlechter geht es rund 100.0000 asiatischen Arbeitern. Sie hängen ohne Geld und fast ohne Essen in Libyen fest, aber anders als die westlichen Staaten sind ihre Heimatländer nicht in der Lage, ihre Rettung zu organisieren. Vor allem Menschen aus Bangladesch - rund 60.000 davon gibt es in Libyen - und den Philippinen sind davon betroffen. Ihre Arbeitgeber, zum Beispiel südkoreanische Firmen, hätten die Baustellen einfach verlassen und sie alleine zurückgelassen, berichten einige der Gestrandeten.