)
Vor gut 34 Jahren hat der lange Zeit als Unterstützer des internationalen Terrors bekannte Oberst und selbsternannte Revolutionsführer Muammar Gaddafi in Libyen die Monarchie von König Idris gestürzt. Seinem Hang zur Exzentrik folgend machte er die Jubiläums-Feierlichkeiten seiner Machtübernahme zu einem "Fest der Frauen". Gestern entschied der Weltsicherheitsrat über die Aufhebung der seit zehn Jahren geltenden UNO-Sanktionen gegen das nordafrikanische Land.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Aufhebung der 1992 über Libyen verhängten UN-Sanktionen beschäftigte gestern, Dienstag, den Weltsicherheitsrat. Am 1. September 2003 während in Tripolis der 34. Jahrestag der Machtübernahme durch Gaddafi gefeiert wurde, hat Frankreich - nach einer Einigung über erhöhte Entschädigungszahlung für die Opfer des Anschlags auf ein französisches Passagierflugzeug über Afrika 1989 durch die libysche "Wohlfahrtsstiftung" - als letzte Vetomacht seine Bereitschaft zum Erlass der UN-Strafmaßnahmen signalisiert.
Dabei ist Gaddafi keineswegs zu einem Staatsführer im westlichen Sinne konvertiert - sein Überlebenstrieb hat ihm nur dazu geraten, sich dem Westen anzunähern. Die UN-Sanktionen haben Libyen trotz aller Umgehungen durch afrikanische befreundete Länder massiven wirtschaftlichen Schaden zugeführt.
Ein Freund der Frauen
Am 1. September, dem libyschen Nationalfeiertag ließ der Revolutionsführer jedenfalls Tripolis festlich schmücken. Kleine grüne Fahnen von Libyen und Portraits von Gaddafi zierten das ganze Land. Den 34. Jahrestag der unblutigen libyschen Revolution des Oberst gegen den damaligen Monarchen, König Idris, hat der Revolutionsführer getreu seinem Hang zur Exzentrik zum Fest der Frauen stilisiert. Und tatsächlich spielen Frauen in Libyen eine verhältnismäßig große Rolle für ein arabisches Land. Anfang der 80er Jahre erkennt Gaddafi im dritten Teil seines "Grünen Buches" als erster Arabischer Staatschef die wichtige Rolle der Frau in der Gesellschaft unter ihrer annähernden Gleichberechtigung an. Berühmt sind Gaddafis weibliche Leibgarden und die zahlreichen Frauenbataillone in der libyschen Armee.
Auf dem "Grünen Platz" im Zentrum Tripolis marschierten am 1. September also ausschließlich weibliche Mitglieder der libyschen Streitkräfte auf. Tausende Frauen, darunter Krankenschwestern, Lehrerinnen, Anwältinnen und Ingenieurinnen, jubelten ihnen zu. Revolutionsführer Gaddafi ließ sich von seiner Ehefrau Safija vertreten. Mit ihr saßen einige First Ladies Afrikas auf der Ehrentribüne wie Frau Compaoré aus Burkina Faso und Frau Kerekou aus Benin.
Nach der Menschenrechtsorganisation Amnesty International werden in Libyen aber weiterhin Hunderte von politschen Gefangenen festgehalten, unter ihnen auch solche, die sich gewaltlos für eine Änderung der Verhältnisse eingesetzt haben und kritische Journalisten. Für sie wird wohl auch die Aufhebung der Sanktionen keine Verbesserungen bringen.
Alexis Neuberg ist der Leiter von Radio Afrika International