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Wer Herald Schmidt nicht cool und seine Late-Night-Show nicht geil findet, ist selber schuld. Ich bin so ein Exempel. Ich verstehe nicht, warum - mit dem "Spiegel" zu reden - "das deutsche Feuilleton nahezu geschlossen hinter dem professionellen Provokateur der 'political correctness' steht". Der Mann wurde schon zweimal zum "besten Unterhaltungsmoderator" der BRD gekürt, erhielt zweimal den Adolf Grimme-Preis und einmal sogar den "Medienpreis für Sprachkultur". Ich habe mir vor etlichen Jahren zwei oder drei der viermal pro Woche um 23.15 Uhr auf SAT.1 gesendeten Schmidt-Shows angesehen und gefunden: Auf diese vorgeblich satirisch-kritische Spielart deutscher Nachtunterhaltung kann ich verzichten.
Am vergangenen Donnerstag bin ich Herrn Schmidt wieder begegnet. Allerdings schon um 20.15 Uhr. Und wurde Zeuge eines "einmaligen Fernsehereignisses" (SAT.1): Harald (wie seine Freunde ihn nennen) an Bord der MS Loreley. Mit 180 Publikumspassagieren und drei komischen Gästen - Anke Engelke, Olli Dittrich ("zwei Helden der Improvisation") und Bastian Pastewka ("spontaner Scherzbold") - unternahm der Chef eine vierstündige Schiffsreise von Bingen nach Boppard. Was da - "Zu Gast bei Vater Rhein" - mit langwieriger Peinlichkeit, welche sich als kurzweilige Heiterkeit ausgeben wollte, in Bild und Ton geboten wurde, hat mein Vorurteil aufs Schlimmste bestätigt. Kaum dass der Anker gelichtet war, versprach der launige Sprachkulturpfleger "Spaß und Gags auf allen Decks" - doch dieses Versprechen erwies sich als ebenso leer, wie die Dampfplaudereien Haralds und des ihn begleitenden Plappertrios seicht waren, und überhaupt hatte die ganze Veranstaltung den Charakter einer spottbilligen Werbefahrt, an deren Ende Heizdecken verkauft werden. Ein schrecklicher Abend. Aber ich bin ja selber schuld.