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Gallischer Kämpfer für Kleinbauern

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

José Bové, Schafzüchter aus Südfrankreich, Mitbegründer der Bauerngewerkschaft Confédération Paysanne - Pendant des konservativen Bauernverbandes FNSEA - und europäischer Sprecher der weltweiten Kleinbauernbewegung Via Campesina, traf gestern mit Vertretern der österreichischen Klein-, Berg- und Bio-Bauern zusammen. Österreich hat, wie Bové sagte, das Glück, nach wie vor eine große Zahl an Kleinbauern zu haben. Das sei nicht nur für die Bauern selbst gut: "Je mehr die landwirtschaftliche Produktion industrialisiert wird, desto mehr entfernt sie sich davon, was die Konsumenten wollen."


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Gleich groß und gleich grün liegen sie in der Steige nebeneinander, die Granny Smith-Äpfel. Maschanzker oder einen weißen Klarapfel sucht man vergebens im Supermarkt. Maiskörner haben ebenfalls gleich groß und gleich gelb zu sein - dabei freuen sich Kleinbauern in Mexiko genauso an ihren eckigen oder runden, roten, grünen oder braunen Körnern - an der Vielfalt des Lebensmittels Mais. Diese Vielfalt - ob Äpfel oder Mais, ob in Europa oder im Rest der Welt - ist es, die Bové erhalten wissen will. Und diese Vielfalt sei, erklärt er, durch die EU-Politik gefährdet: "Industrielle Produktion ersetzt mehr und mehr die natürliche Vielfalt und zerstört die Umwelt."

Jährlich gibt es in Europa seinen Angaben nach 200.000 bäuerliche Betriebe weniger. In Österreich stellten in den Jahren 1997 bis 2003 rund 4.320 Bauernhöfe ihre Produktion ein. Das Agrarbündnis - ein Zusammenschluss von 18 Konsumenten- und Landwirtschaftsorganisationen - kritisiert "die für Klein- und Mittelbetriebe ungerechte Umsetzung der EU-Agrarreform." Das Betriebsprämienmodell fördere große Betriebe, erläuterte Elisabeth Baumhöfer vom Agrarbündnis.

Die gemeinsame Agrarpolitik führe dazu, dass viele Bauern mit wenig Hektar "von ihren Höfen gejagt" werden, meinte Bové. Gewinner seien die Großen, dabei sollte es laut Bové das Ziel der Landwirtschaft sein, "weltweit die Menschen dort zu ernähren, wo sie leben." Der "Asterix im Kampf gegen die Agrarindustrie" spielte damit auch auf die subventionierten Überschüsse der europäischen Landwirtschaft an, die auf dem Weltmarkt verkauft werden und auf landwirtschaftliche Großkonzerne wie beispielsweise in Brasilien, gegen die kleinbäuerliche Betriebe wenig Chancen haben.

Schafzüchter bei Milchbauern

Heute wird Bové die Proteste der IG Milch - Interessensgemeinschaft mit 4.000 Mitgliedern - in Baden bei Wien gegen die Milchpreissenkung des Molkereikonzerns NÖM unterstützen. Er wendet sich gegen "Erpressung" nach dem Motto "Wenn ihr die Preise nicht akzeptiert, kaufen wir die Milch wo anders in Europa". Die NÖM hat ihren Lieferanten das Milchgeld per 1. April um zwei Cent je Liter gekürzt. Die Forderung nach 35 bzw. 40 Cent pro Liter weist die NÖM aus "Wettbewerbsgründen" zurück.

Bové: "Was zur Zeit in Österreich passiert, passiert auch in anderen Ländern." In Deutschland etwa erhält ein Bauer von den 58 Cent, die ein Liter Milch im Geschäft kostet, knapp 28 Cent - so wenig wie seit 15 Jahren nicht mehr. Angesichts der Position von 120 Molkereien und den großen Einzelhandelskonzernen Aldi, Lidl, Metro, Rewe, Tengelmann und Edeka ließen sich die 114.000 oft kleinen Milchbetriebe "gut gegeneinander ausspielen", erklärte der Deutsche Bauernverband.

Im Kampf gegen das Preis-Dumping müssten sich die Bauern mobilisieren und gemeinsam aktiv werden, sagte Bové. Wie viele Globalisierungskritiker setzt auch er auf die Zivilgesellschaft: "Gemeinsam kann der Konflikt gewonnen werden."