Eine Vermögenssteuer ist nicht nur für die Finanzierung einer Lohnsteuersenkung wichtig, sondern um der Vermögenskonzentration in den Händen einiger weniger etwas entgegenzusetzen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Von hohen FunktionärInnen, GewerkschafterInnen, SPÖ-Mitgliedern bis hin zum gemeinen Wahlvolk, es herrschte eine andernorts oft vermisste Geschlossenheit. Alle waren gleich überrascht, als Wiens Bürgermeister Häupl vergangene Woche in einem Interview in jovialem Tonfall die Vermögenssteuer zu Grabe trug. Dabei übernahm er auch gleich den Jargon des politischen Gegners. Vermögenssubstanzsteuern seien zu Recht abgeschafft worden, so Häupl: "Ganz unter uns gesagt: Wir haben bei den Betrieben ja eher das Problem, dass die Kapitaldecken zu dünn sind, als dass sie zu dick wären."
Erstens zeugt diese Aussage von wenig Sachkenntnis über die Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Vermögenssteuer. Häupls Argument gegen Vermögenssteuern ignoriert, dass Unternehmensvermögen nur ein Viertel des Bruttovermögens in Österreich ausmachen. Außerdem könnte als Berechnungsgrundlage für die Steuer das Reinvermögen (Aktiva-Passiva) anstatt des Unternehmensvermögens (Bilanzsumme) verwendet werden. Zusammen mit Freibeträgen wäre so garantiert, dass nicht Klein- und Mittelbetriebe belastet würden, sondern vermögende Investoren.
Zweitens setzt Häupl die Glaubwürdigkeit der gesamten Partei aufs Spiel. Es wäre eine Sache, würde sich die SPÖ ihren Gremien und der Presse stellen und verkünden, für eine gerechte und wirtschaftlich sinnvolle Vermögenssteuer gekämpft zu haben, diese bei der ÖVP aber nicht durchsetzen konnte. Komplett anders verhält es sich, wenn der Wiener SPÖ-Chef den Medien "ganz unter uns" anvertraut, dass Vermögenssteuern wirtschaftlich schädlich wären. Diese Aussage führt zum Schluss, dass für Häupl die großplakatierte Gerechtigkeitskampagne der letzten Wahl kein Kernthema, sondern ein Wahlkampfschmäh war.
Drittens zeigt das Interview die völlige Ignoranz des SPÖ-Führungspersonals für Parteidemokratie. Um eine Partei, die sich davor fürchtet, die Ergebnisse aus Verhandlungen ihrer Basis vorzulegen, steht es nicht gut. Das zeigte sich in der Weigerung, das Regierungsprogramm einer Urabstimmung zu unterziehen.
Selten zuvor war der Diskurs um Vermögenssteuern derart wichtig und breit. Die Vermögensstudie (HFCS) der Oesterreichischen Nationalbank wies erstmals die unglaubliche Konzentration von Vermögen in Österreich nach. Thomas Piketty zeigte in seinem Bestseller "Das Kapital im 21. Jahrhundert", dass die weltweit steigende Ungleichheit beginnt, unser demokratisches System zu gefährden. Eine Vermögenssteuer ist nicht nur für die Finanzierung einer Lohnsteuersenkung wichtig, sondern um der Vermögenskonzentration in den Händen einiger weniger etwas entgegenzusetzen. Vertut die SPÖ diese Chance, wird es nicht zu ihrem Vorteil sein. Wenn sozialdemokratische Parteien nicht entschieden für sozialdemokratische Politik kämpfen, dann werden sie nicht gebraucht. Die griechische Pasok lässt grüßen.