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Energieversorger haben wenig Freude mit dem neuen Energieeffizienzgesetz, Spritpreise könnten steigen.
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Wien. Ab 2015 müssen heimische Energieversorger - beispielsweise Tankstellen oder Stromanbieter - jährlich 0,6 Prozent an Energie einsparen. So sieht es das neue Energieeffizienzgesetz vor, das im Juli im Nationalrat beschlossen wurde und im Jänner in Kraft tritt. Betroffen sind auch mittlere und größere energieintensive Betriebe mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro jährlich und mehr als 249 Mitarbeitern. Sie unterliegen zwar nicht der Einsparungspflicht von 0,6 Prozent, aber sie müssen Energiesparpläne vorlegen. Das Gesetz trifft laut Wirtschaftsministerium 1000 heimische Betriebe. Kleinanbieter sind ausgenommen. Bei den Betroffenen herrscht jetzt Unsicherheit und Unmut.
Grund für das seit 2012 diskutierte Energieeffizienzgesetz ist eine EU-Richtlinie, die vorsieht, die Energieeffizienz bis 2020 in allen Mitgliedsstaaten um 1,5 Prozent zu erhöhen. Im Klartext bedeutet das: weniger Energieverbrauch und damit weniger Treibhausgase. Diese müssen ja, wie die EU-Regierungschefs im Oktober beschlossen haben, bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden.
Derzeit liegt der Energieverbrauch in Österreich bei 1117 Petajoule pro Jahr. Bis 2020 soll er gemäß der Richtlinie auf 1050 Petajoule sinken (siehe Grafik). Das Energieeffizienzgesetz setzt in Österreich bei den Energieversorgern an, also bei Tankstellenbetreibern und Energielieferanten wie beispielsweise der Verbund. Diese Unternehmen müssen demnach konkrete Maßnahmen setzen, um jedes Jahr 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresenergieverbrauch einzusparen.
Energieagentur kontrolliertMaßnahmen
Die Austrian Energy Agency (AEA) soll in Zukunft überprüfen, ob und wie die betroffenen Unternehmen ihre Sparvorgaben erreicht haben. Auf der Seite der starken Energieverbraucher mit mehr als 250 Mitarbeitern besteht die Möglichkeit, sich alle vier Jahre einer externen Energie-Prüfung zu unterziehen. Oder sie implementieren ein zertifiziertes Energiemanagementsystem. "Diese Audits könnten die ÖBB an die zwei Millionen Euro kosten", sagte Christian Kern, ÖBB-Vorstand, am Mittwoch im Rahmen eines Symposiums zum neuen Energieeffizienzgesetz in der Wirtschaftskammer. Die Bundesbahnen sind Österreichs größter Stromverbraucher und unterliegen damit auch dem Energieeffizienzgesetz. Trotzdem bekennt sich Kern zum Gesetz: "Wir als Unternehmen akzeptieren die Chance und müssen uns Fragen, wie wir energieeffizienter werden."
So viel Zuspruch ist innerhalb der Branche aber eine Ausnahme. "Wir wissen überhaupt nicht, wie wir das Gesetz umsetzen sollen", sagt Christian Rötzer, Geschäftsführer der TÜV Austria, beim Symposium.
Tatsächlich ist das Gesetz recht vage, was die konkrete Umsetzung betrifft. Manche Betriebe sind noch unsicher, welche Maßnahmen sie sich als Energiesparmaßnahmen anrechnen lassen können. "In der Praxis bereits erprobte Beispiele für mögliche Maßnahmen sind Gerätetauschaktionen, Stromsparpakete, Heizungsoptimierung, LED-Lampen-Aktionen, Einsatz von Standby-Killern, ein Technologie-Check für große Energieverbraucher, Energieberatungen oder Energieeffizienzgutscheine", sagt Volker Hollenstein, Sprecher des Wirtschaftsministeriums, zur "Wiener Zeitung". 40 Prozent der Energiesparmaßnahmen müssen die Versorger bei ihren Kunden umsetzen, also den Verbrauchern beim Energie-Sparen helfen. Auch die Anschaffung neuer Technologien könne angerechnet werden.
Widerstand vonTankstellenbetreiber
Wer sein Soll nicht erfüllt - es also nicht schafft 0,6 Prozent einzusparen -, muss Strafzahlung von bis zu 100.000 Euro oder Ausgleichszahlungen von 20 Cent pro Kilowattstunde befürchten.
Besonders Tankstellenbetreiber haben wenig Freude mit dem neuen Gesetz. Sie sind ja dazu verpflichtet, den Verbrauch bei sich selbst und beim Kunden zu reduzieren. "Das geht völlig am Thema vorbei. Ich kann doch nicht bei jedem Kunden, der um 40 Euro tankt, den Reifendruck kontrollieren und das alles ganz genau dokumentieren", sagt Franz Leikermoser, ein Salzburger Tankstellenbetreiber, zur "Wiener Zeitung". Die Maßnahmen würden vor allem kleine Tankstellen und Familienbetriebe hart treffen. Er rechnet schon mit Ausgleichszahlungen. "Der Treibstoff wird dann teuerer. Wir können das nicht alles alleine zahlen."
"Es geht nicht darum, den Umsatz der Energieversorger zu schmälern, sondern darum, den Input und den Output zu optimieren", sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner beim Symposium. Er sieht in der Effizienz einen Standortvorteil.
Die Energieeffizienz ist eines jener Umweltziele, neben beispielsweise mehr erneuerbaren Energien und weniger CO2, das besonders schwer zu erreichen sei, erklärt Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt. "Weil es nicht genug Anreize gibt. Das Geschäftsmodell basiert darauf, so viel Energie wie möglich an die Verbraucher zu verkaufen", sagt er zur "Wiener Zeitung". Ohne ein entsprechendes Gesetz hätten die Betreiber keinen Anreiz, weniger Energie anzubieten. "Gleichzeitig muss man sagen, dass die Energieeffizienz das zentrale Thema in der Energiepolitik in der Zukunft sein wird."