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Gas folgt dem Öl und wird teurer

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Energieallianz hebt im April Preise um 9 Prozent an. | Deutsche E.On fordert Gazprom bei der Ölpreisbindung in ihren Verträge heraus. | Wien/Essen. Die Energieallianz macht Ernst. Mit April hebt Österreichs größter Energievertrieb die Gaspreise um durchschnittlich 9 Prozent an. Betroffen sind vor allem die Konsumenten in Ostösterreich, denn zur Energieallianz gehören Unternehmen wie die Wien Energie (die die Gaskosten um 9,8 Prozent anheben wird), die niederösterreichische EVN (mit 8,9 Prozent) und der burgenländische Versorger Begas (9,6 Prozent).


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Auch in Oberösterreich wollen die Linz AG und die Erdgas Oberösterreich die Gaspreise nach Ende der Heizperiode - irgendwann zwischen Mitte April und Juni - um 9 bis 10 Prozent erhöhen. Die zu erwartenden Auswirkungen auf das Geldbörsel der Verbraucher bewegen sich zwischen 72 und 108 Euro im Jahr. Vorarlberg, Tirol und Salzburg geben sich derzeit noch abwartend. Die Preiserhöhungen kommen ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem sich der Gaspreis international "auf einem 30-Jahres-Tief" befindet, formuliert es Roland Stöferle, Rohstoff-Analyst bei der Erste Bank. Die Deutsche Bank hat in einer Studie errechnet, dass der Preis für Erdgas seit Ende 2008 um fast 50 Prozent gefallen ist (an den preisbildenden Spotmärkten), während andere Rohstoffe wie Gold oder Öl deutlich zugelegt haben. Wie kann es sein, dass die Preise eklatant auseinanderklaffen?

Bisher ist der Gaspreis an den Ölpreis gekoppelt. Das ist allerdings kein Schicksal, sondern nur Bestandteil sämtlicher langfristiger Lieferverträge, etwa mit der Gazprom. Zieht der Ölpreis an, folgt binnen Monaten auch der Gaspreis innerhalb der Verträge.

Zunehmende Kritik an der Ölpreisbindung

"Öl ist die internationale Energieleitwährung, praktisch der US-Dollar am Energiemarkt", erklärt Helmut Roloff, Sprecher der E.On-Ruhrgas gegenüber der "Wiener Zeitung". Allerdings eine Leitwährung, die in letzter Zeit zunehmend von der Realität abdriftet. Einerseits werden in Rohöl politische Krisen eingepreist, andererseits verknappt sich dieser Rohstoff zunehmend. "Peak Oil, also das Ende des Öls aus konventioneller Förderung, wird zunehmend Realität", meint Analyst Stöferle. Im Jahresdurchschnitt 2011 rechnet die Erste Bank mit einem Preis von 124 Dollar pro Fass Brent (aktuell bei rund 116 Dollar), der faire Ölpreis würde hingegen bei 90 Dollar liegen.

Dazu kommt, dass es derzeit eine Schwemme an Gas gibt. Das plötzliche Überangebot an dem Rohstoff erklärt sich daraus, dass sich die USA in den letzten zwei Jahren von einem Erdgasimporteur zu einem Exporteur gewandelt haben. Die US-amerikanische Waffe heißt Schiefergas (siehe Kasten). Dadurch wurden große Mengen an Flüssiggas (LNG) frei, die normalerweise aus dem arabischen Raum oder Kanada an die USA geliefert werden - diese Ladungen werden nun nach Europa umgeleitet und an den Gasmärkten spottbillig angeboten. "Diese Spotmärkte haben immer stärker an Bedeutung gewonnen", erzählt Michael Schmöltzer vom heimischen Regulator E-Control. Die Energieversorger können dort aber im Normalfall nicht zukaufen - die Lieferverträge mit der Gazprom inkludieren eine Abnahmegarantie.

Selbst wenn man Gas woanders billiger bekommen würde, muss man trotzdem die volle Summe bis 2027 (so lange laufen die meisten Verträge) zahlen. "Spotmarktpreise sind für uns kein Thema", erklärt Peter Koller von der Energieallianz. Eine auswegslose Situation also?

Nicht ganz. Die E.On ist seit 2009 in Verhandlungen mit der Gazprom, um alternative Preisformeln zu verhandeln und sich zumindest ein bisschen von der Ölpreis-Indexierung wegzubewegen. "Die relevante Marktlage muss sich schließlich in den Konditionen der Verträge widerspiegeln", sagt E.On-Sprecher Roloff. Doch ob die österreichischen Versorger einen ähnlichen Weg gehen, bleibt offen. "Gut, die E.On ist eine andere Größenklasse. Aber in Deutschland ist der Wettbewerb viel stärker als in Österreich. Hier wird man ja nicht dazu gezwungen, sich nach billigeren Preisen umzusehen", urteilt Schmöltzer.

Schiefergas

Schiefergas ist natürlich vorkommendes Erdgas, das in Tonsteinen entsteht und gespeichert wird. Die Förderung ist ökologisch allerdings nicht unproblematisch. Bei dem Tiefbohrverfahren wird das Gas aus bisher unerreichbaren Formationen gefördert. Dabei wird unter Druck Wasser mit chemischen Zusatzstoffen in die Bohrung gepumpt, bis das Gestein Risse bekommt und das Gas freigibt.