Dass Brüssel Gas als "Übergangsenergie" anerkennt, spielt dem Konzern bei seiner Transformation zu mehr Nachhaltigkeit in die Karten. Auch der Ausbau der boomenden Chemie-Sparte steht bevor. 2021 brachte Rekordgewinne.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Des einen Leid ist des anderen Freud’. Während private Haushalte und große Teile der Wirtschaft unter der Last hoher Energiekosten stöhnen, lässt die Preisrally bei Öl und Gas die Kassen der OMV lauter denn je klingeln. "Für uns war 2021 ein absolutes Rekordjahr", sagte Konzernchef Alfred Stern am Donnerstag bei der Präsentation der Bilanz. Mit fast sechs Milliarden Euro verdiente die OMV laut dem um Lagerhaltungs- und Sondereffekte bereinigten operativen Ergebnis (CCS Ebit) dreieinhalb Mal so viel wie 2020.
An seine Aktionäre will der Wiener Industrieriese, der 2021 auch von seiner Chemie-Tochter Borealis überproportional profitierte, nun eine um 24 Prozent höhere Dividende von 2,30 Euro je Anteilsschein ausschütten. Die mit 31,5 Prozent beteiligte Staatsholding Öbag lukriert damit etwas mehr als 237 Millionen Euro.
Neue Strategie in Arbeit
Derzeit ist die OMV mit der Ausarbeitung einer neuen Unternehmensstrategie beschäftigt. Laut CEO Stern soll das Papier am 16. März präsentiert werden. Wie andere Firmen der Ölbranche sieht sich auch die OMV mit Blick auf die geplante Energiewende zunehmend unter Druck, ihr Geschäft nachhaltiger auszurichten. Zu erwarten ist vor allem, dass der Konzern seine neu etablierte und besonders profitable Sparte, die Produktion wiederverwertbarer Kunststoffe, ausbauen wird. Aber auch Gas wird künftig - anders als Öl - eine wichtige Rolle spielen.
"Klar ist, dass Gas nicht CO2-frei ist", sagte Stern. "Klar ist aber auch, dass der Energiebedarf weiter steigen wird und Gas signifikante CO2-Einsparungen gegenüber Kohle ermöglicht." Vor diesem Hintergrund begrüßte der OMV-Chef die Taxonomie-Verordnung der EU-Kommission, in der Gas als "Übergangsenergie" anerkannt wird. Seine Ansage: "Wir werden weiterhin an der Übergewichtung von Gas in unserem Portfolio arbeiten."
Im vergangenen Jahr hat die OMV im Durchschnitt 486.000 Barrel Öl und Gas pro Tag gefördert. Mehr als die Hälfte der Gesamtproduktion entfiel auf Gas, die Verkaufsmengen legten dank des starken konjunkturellen Rückenwinds um ein Fünftel zu. Für heuer geht Stern von einem durchschnittlich realisierten Gaspreis oberhalb von 25 Euro je Megawattstunde aus (nach 16,5 Euro im Vorjahr). Den durchschnittlichen Brent-Rohölpreis sieht er ebenfalls höher - bei 75 Dollar je Fass (2021: 71 Dollar).
Sorgen, dass die Ukraine-Krise dazu führen könnte, dass Russland seine Gaslieferungen stoppt, macht sich Stern nicht. Bereits 1968 habe die OMV für Österreich als erstes westliches Land Gaslieferverträge mit der damaligen Sowjetunion abgeschlossen. In dieser Zeit sei Russland seinen Lieferverpflichtungen stets nachgekommen, so Stern. Den Liefervertrag mit dem russischen Gasmonopolisten Gazprom hat die OMV erst vor vier Jahren verlängert - bis 2040.
Gazprom-Pipeline teilfinanziert
Der Konflikt zwischen der Nato und Russland bringt freilich auch die Inbetriebnahme der ohnedies umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ins Wackeln. Diese Gasleitung ist ein milliardenschweres Projekt von Gazprom, die mittlerweile fertiggestellte Pipeline soll Westeuropa - vor allem Deutschland - mit zusätzlichem Gas versorgen. Stern erklärte dazu, dass die OMV bei Nord Stream 2 ein "reiner Finanzinvestor" sei. Der Konzern habe mit Gazprom einen Finanzierungsvertrag über 729 Millionen Euro vereinbart, in der zweiten Hälfte 2021 seien bereits erste Rückzahlungen und Zinsen geflossen. "Wir gehen davon aus, dass es auch weiterhin so laufen wird", sagte Stern. Finanzvorstand Reinhard Florey bezifferte die bisher erhaltene Summe auf einen niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag.
Zu den vor Kurzem bekanntgegebenen Abschreibungen und Wertberichtigungen im Volumen von 1,7 Milliarden Euro hieß es am Donnerstag, dass davon im Wesentlichen drei Assets des Konzerns betroffen gewesen seien. Konkret nannte Florey die Beteiligung an einer Raffinerie in Abu Dhabi, für die die langfristigen Markterwartungen aufgrund der Energiewende nun anders gelagert sind, die Beteiligung an einem russischen Gasfeld, das über weniger Reserven verfügt als von Gazprom versprochen, und die zur Konzerntochter Borealis gehörende Kunstdünger-Sparte, die schon länger zum Verkauf stand und nunmehr an den Schweizer Düngemittelproduzenten EuroChem veräußert wird.
Düngemittelgeschäft verkauft
Die Borealis sieht ihr Düngemittelgeschäft nicht mehr als Kerngeschäft. Wie die OMV in einer Presseinformation mitteilte, hat EuroChem für die Sparte ein verbindliches Angebot in Höhe von 455 Millionen Euro gelegt. Der Abschluss des Verkaufs wird für das zweite Halbjahr 2022 erwartet. EuroChem, gegründet von dem russischen Milliardär Andrei Melnitschenko, gilt als einer der größten Düngemittelhersteller der Welt. Die Gruppe hat Produktionsstätten in Russland, Belgien, Kasachstan und Litauen, beschäftigt mehr als 27.000 Leute in 40 Ländern und vertreibt ihre Produkte in über 100 Ländern. Durch den Kauf der Borealis-Düngemittelsparte bekommt sie Produktionsanlagen in Österreich, Deutschland und Frankreich sowie ein Vertriebsnetz dazu.