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Am Ostermontag könnte Kartell gegründet werden. | Auswirkungen wegen langfristiger Verträge fraglich. | Moskau. Seit Anfang der 60er Jahre bestimmt die Organisation der Ölförderländer (OPEC) maßgeblich den Ölpreis der Welt. Beim Gas freilich, lange als Stiefschwester des Öls angesehen, gibt es ein solches Preiskartell nicht. Das hat auch damit zu tun, dass für seinen Transport teure Leitungsnetze nötig gewesen sind. Mit der zunehmenden Verbreitung von Flüssiggas ändert sich das aber.
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Die wichtigsten Gasförderländer treffen sich seit 2001 regelmäßig, um ihre Politik abzustimmen. Dazu gehören Russland, Iran und Venezuela sowie das ihm vorgelagerte Trinidad und Tobago, aber auch die Golfländer Katar, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate. In Asien gehören Indonesien, Brunei und Malaysia dazu, in Afrika Nigeria. Allein die neun größten Gasproduzenten unter ihnen kontrollieren 70 Prozent des Weltmarktes. Lange hat sich Russland geweigert, einem festen Gaskartell beizutreten. Der Kreml sieht in den Energieträgern Öl und Gas wichtige Instrumente seiner Außenpolitik, bei denen es sich nicht durch andere Länder binden lassen will. Doch in den letzten Wochen wollen die Gerüchte nicht mehr verstummen, dass Russland seine Politik geändert habe.
Im Februar erklärte Präsident Wladimir Putin immerhin, ein Gaskartell sei eine "interessante Idee". Laut der russischen Wirtschaftszeitung "Kommersant" hat sich Putin seit seinem Besuch beim iranischen Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei Anfang des Jahres für die Idee erwärmt. Iran gehört zu den großen Befürwortern einer "Gas-Opec". Wie stark sich die Positionen angenähert haben, wird sich am Ostermontag beim Treffen der Gasförderländer in Katar zeigen.
USA und EU beunruhigt
Wladislaw Inosemtsew hält einen Beitritt Russlands zu einem Gaskartell für durchaus möglich. Aus der Sicht des Direktors des Moskauer Zentrums für postindustrielle Studien ging es dem Kreml auch im Gasstreit mit der Ukraine und Weißrussland um Profit. "Auf der Suche nach höheren Profiten könnte Russland heute durchaus einem Bündnis beitreten, das vor allem aus Schurkenstaaten´ mit offen antiwestlicher Orientierung besteht."
Die großen - meist westlichen - Abnehmerländer sind nicht begeistert. Ileana Ros-Lehtinen, die führende republikanische Außenpolitikerin im US-Repräsentantenhaus, hat sogar US-Außenministerin Condoleezza Rice aufgefordert, "sich energisch der Gründung einer weltweiten Organisation des Wuchers und der Erpressung zu widersetzen, die eine grundlegende und langfristige Gefahr für die Energieversorgung der Welt darstellt".
Die EU ist vorsichtiger. Aber auch ihr Energiekommissar Andris Piebalgs, ein Lette, sagte Ende März, dass ein Gaskartell keine Lösung für Europas Energiebedürfnisse biete. Für Europa ist besonders beunruhigend, dass sowohl Algerien als auch Russland dem Kartell angehören würden, also die beiden größten Versorger des Kontinents. Italien etwa bezieht über zwei Drittel seiner Erdgasimporte aus diesen beiden Ländern.
Manche Beobachter warnen aber vor Angstmache. Gasimporte beruhten auf langfristigen (bis zu 25jährigen) Lieferverträgen. Kartellpreise ließen sich da nur schwer durchsetzen.