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Gaskrieg eskaliert

Von Veronika Gasser

Europaarchiv

Gaskrieg zwischen Russland und Ukraine trifft auch Europa. | Engpass für Österreich laut OMV nicht ausgeschlossen. | Wien/Moskau/Kiew. Im Gaskrieg zwischen Russland und der Ukraine legen die Russen nach. Sie stoppten am Montag auch die Zufuhr des für die Ukraine bestimmten Gases aus Turkmenistan. Für Kiew ist dies ein weiterer schwerer Schlag, denn es bezog sein Gas bisher zu je einem Drittel aus Russland, Turkmenistan und eigener Förderung. Mittlerweile sind die ersten zwei Bezugsquellen versiegt. An einer Beruhigung der Lage ist der russische Präsident Wladimir Putin nicht interessiert. Er demonstriert seine Macht und zeigt somit auch Europa die kalte Schulter.


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Denn nachdem der staatliche russische Monopolist Gazprom am Neujahrstag die Lieferungen in das für Europa wichtige Transitland Ukraine gestoppt hat, wurden entgegen allen Beteuerungen in der EU massive Gasausfälle registriert.

Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Ungarn, Rumänien und die Slowakei mussten Einbußen zwischen 25 und 30 Prozent hinnehmen. Die Reserven in Polen reichen nur für eine Woche. Deutschland überlegt, wieder verstärkt auf Atomkraft und Steinkohle zu setzen.

Die Gazprom spricht von Diebstahl und bezichtigt die Ukrainer, Schuld an der europäischen Misere zu haben, da sie für Westeuropa bestimmte Mengen - 100 Millionen Kubikmeter im Wert von 25 Millionen Dollar - abgezapft hätten. Der ukrainische Energieminister Iwan Platschkow weist die Vorwürfe zurück, das Außenministerium wirft Moskau Erpressung vor.

Österreich betroffen

Auch in Österreich ist ein Drittel weniger Gas angekommen, als in den Verträgen mit Russland vereinbart. Diese Reduktion ist damit deutlich höher ausgefallen als erwartet wurde. Im Wirtschaftsministerium tagte am Montag unter dem Vorsitz von Minister Martin Bartenstein ein Krisenstab, bei dem die heimische Gaswirtschaft und Energie-Regulator Walter Boltz Auswege aus der brenzligen Situation erörterten. Noch beruhigt der heimische Öl- und Gaskonzern OMV. Gas-Chef Werner Auli geht davon aus, dass die Versorgung Österreichs vorerst nicht beeinträchtigt ist, auf längere Sicht schließt er Engpässe nicht aus.

Michael Schmöltzer, Gasexperte der Regulierungsbehörde E-Control, bestätigt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass die Situation außergewöhnlich ist: "So etwas hat es bisher noch nie gegeben." Zur Zeit sei die Lage nicht dramatisch. Sollte sich der Machtpoker indes zuspitzen und 50 Prozent der Liefermenge in dieser und nächster Woche ausfallen, könnte die Lage ernst werden, ist Schmöltzer überzeugt.

Dann werde es laut Krisenplan Einschränkungen für Großabnehmer geben. Zuerst müssten die Stromversorger ihre Gaskraftwerke entweder abschalten oder auf Öl beziehungsweise Kohle umstellen. Dann erst würde die Versorgung für die Stahl- und Papierindustrie gedrosselt, Haushalte und Gewerbe hätten nichts zu befürchten.

Schmöltzer weist jedoch darauf hin, wie wichtig nun die von der OMV geplante Nabucco-Pipeline ist, die Gas aus dem Iran über die Türkei transportieren und in Folge die Abhängigkeit Westeuropas vom russischen Erdgas stark verringern soll.

Auch werde in Zukunft Flüssiggas an Bedeutung gewinnen, weil es auf dem Schiffsweg über weite Strecken aus Afrika oder Südamerika transportiert werden kann. Es gibt bereits einige europäische Terminals, die OMV plant einen neuen auf der Insel Krk.

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