EU-Kommission fordert Mitgliedstaaten auf, den Bau von South Stream auszusetzen.
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Brüssel/Wien. In einem Spiel, in dem die Interessen der Teilnehmer teils zuwiderlaufen, lässt es sich nun einmal nicht allen recht machen. Und es geht nicht ohne Verlierer aus. Diese Erfahrung muss gerade die OMV machen. Ihr Ziel wäre eigentlich, Gewinn zu steigern, Aktionäre zu befriedigen und als teilstaatliches Unternehmen - rund 31 Prozent hält die ÖIAG - die Energie-Versorgungssicherheit Österreichs zu garantieren.
Dieser Weg ist allerdings mit Hürden gepflastert - die vor allem aus geopolitischem Kalkül bestehen.
Ende April, einen Tag nachdem der Westen erneute Sanktionen aufgrund der Krim-Krise gegen Russland verhängt hatte, unterzeichnete die OMV mit dem russischen Energieriesen Gazprom eine Absichtserklärung, wonach die geplante russische Gaspipeline South Stream nun doch wieder in einem Teilstück bis nach Österreich kommen soll. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner erklärte dem Projekt seine Unterstützung.
Von der ÖIAG musste OMV-Chef Gerhard Roiss dem Vernehmen nach dennoch einen Rüffel einstecken, weil sich der zweitgrößte - mit 24,9 Prozent - OMV-Aktionär, der IPIC-Fonds aus Abu Dhabi, nicht genug in die Verhandlungen mit Gazprom einbezogen gefühlt hatte und sich daraufhin bei der ÖIAG beschwert hatte.
Der Stein des Anstoßes könnte sich aber nun ohnedies in Luft auflösen. Denn die EU-Kommission will das South-Stream-Projekt jetzt zumindest einmal auf Eis legen. In einem von EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Mittwoch vorgelegten Strategiepapier heißt es: "Das South-Stream-Projekt sollte suspendiert werden, bis volle Übereinstimmung mit der EU-Gesetzgebung garantiert ist, und im Lichte der EU-Energiesicherheitsprioritäten neu evaluiert werden."
Die Bedenken der EU-Kommission sind freilich nicht neu. Die Behörde hat schon im Vorjahr kritisiert, dass die bilateralen Abkommen der sechs Staaten (siehe Grafik) mit Russland gegen EU-Recht verstoßen würden, und hat Neuverhandlungen gefordert. Denn die dominante Stellung, den die Verträge Gazprom gewähren würden, ist das Gegenteil von dem, was die EU mit dem so genannten dritten Binnenmarktpaket für Strom und Gas erreichen möchte. Ziel dessen ist es unter anderem, Monopolbildungen zu vermeiden, indem etwa unterschiedliche Unternehmen für die Gaslieferungen und für den Leitungsbetrieb zuständig sind. Es geht auch um faire Tarifgestaltung oder um den Zugang Dritter zu den Pipelines.
Diese Vorgaben haben Russland noch nie gefallen, und Moskau verlangte Ausnahmeregelungen für South Stream. Gewisse Ausnahmen von den EU-Vorschriften sind zwar möglich, um Firmen Investitionssicherheit zu geben, doch kann nicht das gesamte Gesetzespaket umgangen werden. Dennoch hat Russland die Welthandelsorganisation WTO aufgerufen, die Blockade seines Vorhabens zu prüfen.
Politisches Signal
Umgekehrt hat die Kommission nun mit ihrer Forderung, den Bau von South Stream auszusetzen, auch ein politisches Signal ausgeschickt. Neben den rechtlichen Einwänden gibt es nämlich auch Überlegungen in Zusammenhang mit der Ukraine-Krise. Zu einem Zeitpunkt, an dem die EU ihren östlichen Nachbarn nicht zuletzt finanziell unterstützt, wäre das Vorantreiben eines Projekts kontraproduktiv, das die Ukraine ausschließt und ihr die Möglichkeiten zur Einhebung von Transitgebühren entzieht.
Darauf haben einige osteuropäische Staaten wie Polen ebenfalls schon hingewiesen. Sie standen den Plänen sowieso von Anfang an skeptischer gegenüber als Österreich, Bulgarien oder Ungarn, die vom Bau wirtschaftlich profitieren. In Polen stieß die Unterzeichnung des Vertrags zwischen OMV und Gazprom, die mitten in die Debatte um weitere Sanktionen gegen Russland fiel, auf teils heftige Kritik.
Diese Diskussion zwischen den EU-Mitgliedern könnte Ende Juni neu entfacht werden. Denn bei ihrem Treffen in Brüssel werden die Staats- und Regierungschefs auch über die Energiesicherheit in Europa sprechen. Der von der Kommission dazu vorgeschlagenen Strategie müssen die Länder zustimmen.
Bei der OMV war auf Anfrage der "Wiener Zeitung" niemand zu erreichen. Im Wirtschaftsministerium gibt man indessen die Hoffnung auf South Stream nicht auf: Die Aussagen Oettingers seien nicht "endgültig", heißt es gegenüber der "Wiener Zeitung". Man gehe davon aus, dass die Arbeitsgruppe auf EU-Ebene mit Russland zu dem Thema South Stream weiter bestehen bleibt und dass Russland schließlich die rechtlichen Bedingungen akzeptiert.