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Gassis, Bischof im islamischen Sudan

Von Alexander U. Mathé

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In einer der blutigsten Regionen der Welt setzt sich der Bischof des Bistums El Obeid für die Rettung eines afrikanischen Volkes ein, das nicht unbedingt christlich geprägt ist.


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Macram Max Gassis ist Bischof der Diözese El Obeid im Sudan. Es ist keine sehr erbauliche Region, umfasst doch sein Bistum die von blutigen ethnisch-religiösen Kämpfen am meisten heimgesuchten Gebiete, zu denen auch Darfur gehört. Gassis, der sich derzeit auf Einladung der Hilfsorganisation "Kirche in Not" in Österreich befindet, erzählt von gezielten Bombardements der sudanesischen Armee auf zivile Ziele, Spitäler und Einrichtungen der Kirche.

Trotzdem hat er sich nach Kräften um die Errichtung von Krankenhäusern, Schulen und wertvollen Brunnen gekümmert, die - wie er betont - allen gleichermaßen zur Verfügung stehen, unabhängig von Ethnie und Religion.

Nach der offiziellen Spaltung des Landes am 9. Juli sollen die Bundesstaaten seiner Diözese zur Islamischen Republik im Norden gehören. Keine rosigen Aussichten für Zigtausende Christen, die sich bereits auf den Weg in den säkularen Süden gemacht haben. Laut Gassis sind es "locker 130.000", die ihren Heimen den Rücken gekehrt haben.

Der Bischof kümmert sich nicht nur um die Christen in seinem Einflussgebiet. Besondere Sorge bereitet ihm die Grenzregion Südkordofan, die sich mitten im Sudan befindet. Dort leben die Nuba, ein Volk, das sich aus mehr als 60 unterschiedlichen Stämmen zusammensetzt, viele verschiedene Sprachen und Kulturen hat und dennoch harmonisch zusammenlebt. Das begeistert den Bischof. "Ich bewundere die Nuba dafür, dass sie Pluralismus akzeptieren. Da ist einer Katholik, der andere Protestant, Moslem oder dem traditionellen Glauben verhaftet, aber das akzeptieren sie, statt deswegen zu kämpfen", sagt Gassis. "Wenn Sie einen Nuba fragen, woher er kommt, wird er Ihnen sagen, von den Bergen. Er wird vielleicht auch noch sagen, dass er ein Nuba ist, aber er wird von sich aus nie seinen Stamm nennen."

Das alles sieht Gassis gefährdet. "Selbst wenn du ein Moslem bist, bist du als Schwarzer im Norden nur ein Moslem zweiter Klasse, ein Sklave." In der Nachbarregion Blauer Nil hat die UNO bereits Völkermord an den Nuba konstatiert. Zu ihrem Pech leben die Nuba
in einem der wenigen fruchtbaren Gebiete des Landes, das auch noch wichtig für die Erdölförderung ist. Gassis versucht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, die Weltgemeinschaft auf diese Situation aufmerksam zu machen.

Dabei wird jeder seiner Schritte von der Regierung in Khartum genau beobachtet. Bereits einmal wurde gegen den Bischof eine strafrechtliche Anzeige erstattet, weil er die Menschenrechtsverletzungen im Sudan vor dem US-Kongress bezeugt hat. Seitdem ist er dort seines Lebens nicht mehr sicher und erledigt seine Amtsgeschäfte von Kenia aus. Sein Engagement bleibt davon offensichtlich unbeeinflusst.