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RAG: Entnahme sehr hoch, aber nicht am Limit - Gazprom: Es gibt keine Krise.
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Wien. Es gibt keine Gaskrise und wird keine geben, heißt es aus Gazprom-nahen Kreisen. Der russische Gasriese weist Spekulationen zurück, dass ein Konflikt wie Anfang 2009 mit der Ukraine oder im Juni 2010 mit Weißrussland drohe. Die derzeit schwankenden Gasliefermengen hingen nur mit der wegen der Kälte hohen Nachfrage zusammen und nicht mit politischen Konflikten.
Während Gazprom (wie berichtet) andeutete, die Ukraine zapfe im Moment mehr Gas ab als sonst, sagte Kiews Energieminister Juri Boiko laut Medien, Gazprom gebe jeden Tag 75 Millionen Kubikmeter weniger Gas in die Pipelines ab als vereinbart.
Die Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger bestätigte, dass weniger russisches Gas die EU erreicht, was besonders in Österreich, Italien, Griechenland, Polen, Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Rumänien bemerkbar sei. Die Lieferverträge würden Russland diese Flexibilität für geringere Lieferungen einräumen. Von der Ukraine wünsche man sich, dass sie "zu allen Zusagen steht". Verbraucher und Industrie hätten aber keine Engpässe zu befürchten: "Die Erdgaslager sind voll."
Gasfluss Richtung Osteuropa
Es sei nicht ungewöhnlich, dass zu Spitzenzeiten mehr Gas aus den Speichern kommt, heißt es in Gazprom-Kreisen. Derzeit speisen die Russen aus ihren europäischen Speichern vier Mal so viel Gas ins Netz wie vor einer Woche. Genau zu diesem Zweck seien an Standorten wie Haidach hunderte Millionen Euro investiert worden (siehe Grafik).
Allerdings sehen die Russen in den Engpässen ein Argument für neue Versorgungskanäle - also ihre Pipeline-Projekte Nordstream (in Betrieb) und South Stream (in Planung). Diese umgehen die Rohre in Weißrussland und der Ukraine. Das dritte, konkurrierende Projekt Nabucco, bei dem die OMV beteiligt ist, versucht nicht nur diese Länder zu umgehen, sondern auch ohne den Lieferanten Russland auszukommen.
Gas ist vorhanden, die Speicher sind gut gefüllt. Die kritischen Fragen sind: Wie viel Erdgas kann in kurzer Zeit abgerufen werden? Und: Kann es dorthin transportiert werden, wo es gebraucht wird? In beiden Fällen ist Österreich besser vorbereitet als 2009. Bei der RAG (Rohöl-Aufsuchungs AG), die ihre Speicherkapazität erst vor zehn Monaten verdoppelt hat, heißt es, die "Ausspeicherleistung" betrage derzeit 75 Prozent. Das ist außergewöhnlich viel, aber noch nicht auf Anschlag. An normalen Wintertagen würden beim Speicherbetreiber etwa 25 Prozent ausgespeichert.
Heikel war vor drei Jahren die Situation besonders in den östlichen Nachbarstaaten, wo kaum Speicher vorhanden sind. Deshalb war etwa die Slowakei 2009 stark von den Lieferausfällen betroffen. Anders als damals können wichtige Verbindungspipelines jetzt auch Gas aus Österreich in die Gegenrichtung strömen lassen.