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Gasstreit: Europa macht Druck

Von WZ Online

Wirtschaft

Erste Gesprächsrunde in Gasstreit. | EU will Beobachter entsenden. | EU-Kommission fürchtet Gaskollaps. | Brüssel. Russland und die Ukraine haben am Donnerstag ihre seit Silvester unterbrochenen Verhandlungen zur Beilegung des Gasstreits wieder aufgenommen. Die EU ist nach Worten des tschechischen Außenministers Karel Schwarzenberg "sofort" zur Entsendung von Beobachtern nach Russland und die Ukraine bereit, um die Gasdurchleitung nach Europa zu kontrollieren.


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Der amtierende EU-Ratsvorsitzende sagte am Donnerstag in Prag, er hoffe auf eine entsprechende Vereinbarung der EU mit den russischen und ukrainischen Energiekonzernen am heutigen Donnerstag in Brüssel.

Die EU könne in dem Gasstreit zwar helfen, aber nicht den Richter zwischen den beiden Konfliktparteien spielen, sagte Schwarzenberg. Er betonte außerdem, vonseiten Tschechiens gebe es keine Vorurteile oder Hass gegen Russland. "Russland braucht genauso Hilfe von der EU wie wir Gas und Öl von Russland brauchen".

Kein russiches Erdgas

Auch am Donnerstag kam in zahlreichen Staaten Europas kein russisches Erdgas an. 80 Prozent der Lieferungen werden über Transitleitungen in der Ukraine nach Westeuropa gepumpt. Allein in Serbien frieren mehr als 100.000 Menschen, da die Heizungen ausgefallen sind.

Gazprom-Chef Alexej Miller sowie Oleg Dubina von Naftogas trafen laut der Agentur Interfax nach gemeinsamen nächtlichen Verhandlungen bereits am Donnerstagvormittag zu Gesprächen mit der EU in Brüssel ein. Brüssel hatte beide Seiten zur raschen Beilegung ihres Energie-Konflikts aufgefordert, nachdem durch die Ausfälle von russischem Gas mehrere EU-Staaten sowie Osteuropa betroffen sind.

Nach Gesprächen unter anderem mit EU-Energiekommissar Andris Piebalgs in Brüssel sollten die Verhandlungen zur Beilegung des Streits um Gaspreise und Lieferbedingungen in Moskau fortgesetzt werden, sagte Naftogas-Sprecher Valentin Semljanski.

Gazprom-Sprecher Sergej Kuprijanow hatte zuvor mitgeteilt, dass Miller und Dubina schon in der Nacht zum Donnerstag über einen Ausweg aus der Krise in Moskau beraten hätten. Details waren nicht bekannt. Am Nachmittag wollte sich in Moskau auch Regierungschef Wladimir Putin zur Entwicklung in dem Konflikt äußern.

Laut russischer Darstellung hat die Ukraine die vier Transitleitungen gekappt, was eine Versorgung Westeuropas unmöglich mache. Aus der Ukraine hieß es dagegen, Russland habe seine Gaslieferungen über die Ukraine komplett gestoppt. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld an der Eskalation des Konflikts.

Gefahr eines technischen Kollaps?

Nach einem Bericht der "Financial Times Deutschland" (Donnerstag) fürchtet die EU-Kommission den Zusammenbruch der Gasleitungen in der Ukraine. Die Gasexperten in der Brüsseler Behörde hielten einen ernsten technischen Kollaps des Systems als Folge des russischen Gaslieferstopps für eine reale Gefahr, berichtet die Zeitung ohne Angabe von Quellen. Ein solcher Zusammenbruch würde nach Überzeugung der Kommission zu ernsten Notlagen in den meisten osteuropäischen EU- Mitgliedsstaaten führen. Das Ausmaß der Krise gelte als beispiellos.

Intern geht die Kommission laut "FTD" davon aus, dass Russland mit dem Gas-Lieferstopp seine vertraglichen Pflichten gegenüber den EU- Staaten verletzt hat. Außerdem sehe die Behörde Verdachtsmomente für eine lange vorbereitete Aktion Russlands, da bereits im Dezember Gazprom-Vertreter durch EU-Hauptstädte gereist seien, um auf die jetzige Krise vorzubereiten.(AAP)