169 Festnahmen in Italien und mehreren deutschen Bundesländern.
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Rom/Berlin. In Italien und Deutschland haben die Strafverfolgungsbehörden bei einer Antimafia-Operation am Dienstagmorgen mehr als 160 Verdächtige festgenommen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Catanzaro richten sich gegen einen Clan der kalabrischen Ndrangheta, der nicht nur in Italien operierte. Die Familien Farao und Marincola, die in der Gemeinde Cirò in Süditalien ihren Sitz haben, sollen auch in Deutschland aktiv gewesen sein. Italienische Ermittler sprachen von einer "kriminellen Holding", die illegale Geschäfte in mehreren italienischen Regionen betreibt und ihre Fühler bis in die Bundesrepublik ausstreckt.
Das Bundeskriminalamt berichtete von elf Festnahmen, vier davon in Baden-Württemberg. Mehrere Wohnungen und Restaurants wurden durchsucht. An der Razzia waren Spezialeinsatzkräfte aus verschiedenen Bundesländern beteiligt. Abgesehen von der Staatsanwaltschaft Stuttgart und dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg beteiligten sich auch Ermittler in Frankfurt, München und Düsseldorf an der Operation. Wie es heißt, habe der Clan auch Geschäfte in der Schweiz angebahnt. Den in Deutschland verhafteten Männern im Alter zwischen 36 und 61 Jahren werden schwere Straftaten wie Erpressung und Geldwäsche vorgeworfen.
Das Vorgehen der mutmaßlichen Mafiosi in Deutschland konzentrierte sich offenbar ganz auf den Gastronomiesektor. In Mafia-Manier sollen aus Kalabrien stammende italienische Gastwirte und Pizzeria-Betreiber in Baden-Württemberg und Hessen gezwungen worden sein, Gastronomie-Produkte aus der Gegend um Cirò in Kalabrien zu verwenden. Die italienischen Ermittler berichteten insbesondere davon, den Restaurantbetreibern in Deutschland sei der Kauf von Wein, Milchprodukten, Öl und vorgefertigtem Pizzateig aufgezwungen worden. Die Produkte stammten aus Betrieben in Italien, die der Farao-Marincola-Clan kontrolliert. Die Erpresser hätten sich als Mitglieder eines Vereins italienischer Gastwirte getarnt.
CDU-Feste in Pizzeria
Unter den Verhafteten in Italien ist auch der ehemalige Stuttgarter Pizzeria-Betreiber Mario L., der bereits früher in Verbindung mit der Ndrangheta gebracht wurde. L. galt als Duzfreund des ehemaligen Ministerpräsidenten und heutigen EU-Kommissars Günther Oettinger und organisierte in seiner Pizzeria Feste für die CDU-Landtagsfraktion. Bei einem Gerichtsverfahren in Italien wurde L. 1999 freigesprochen. In Deutschland war der Gastronom 1995 zu einer Bewährungsstrafe wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden.
In Italien beschränkte sich der Ndrangheta-Clan von Cirò nicht auf den Gastro-Sektor, sondern bestimmte das Geschäftsleben in allen möglichen Bereichen, wie Müllentsorgung, Tourismus, Unterbringung von Flüchtlingen, Aufstellen von Spielautomaten, die Kontrolle des Hafens von Cirò, den Fischverkauf, Bäckereien bis hin zur Kontrolle des Bestattungsgeschäfts.
Das einträglichste Geschäft der kalabrischen Ndrangheta, der Drogenhandel, wurde von den Ermittlern hier nicht erwähnt. Festnahmen gab es nicht nur in Kalabrien, sondern auch in den Regionen Latium, Kampanien, Toskana, Emilia-Romagna, Venetien, Lombardei und Piemont.