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Man könnte natürlich schon trefflich herumzetern. Da hetzen sie eine 86-Jährige rund um den Erdball, nur damit sie einer 22-Jährigen dabei zusieht, wie sie den Preis, der ihr und nur ihr gebührt, in Empfang nimmt. Nachdem dieser Schauspielbackfisch auch noch ungeschickt über das eigene überdimensionale Kleid gestolpert ist. Aber Emmanuelle Riva wird es verschmerzen.
Natürlich hat die Enttäuschung schon kurz ein wenig geschmerzt. Die Vorstellung, dass Michael Hanekes so ganz und gar nicht hollywoodadäquater Film "Amour" bei den Oscars Hauptpreise, die für das gehobene Kommerzkino reserviert sind, gewinnen könnte, war einfach zu reizvoll. Dass es nun "nur" der Award für den besten fremdsprachigen Film geworden ist, sollte keineswegs kleingeredet werden. Es ist ein riesiger Erfolg, für den österreichischen Film und vor allem für Haneke, dem freilich eine gewisse Routine beim Preisentgegennehmen schon anzumerken war.
Ein Sieg in einer der anderen wichtigen Kategorien (beste Regie, bestes Drehbuch, bester Film) wäre eine Sensation gewesen. Weil er so unwahrscheinlich gewesen wäre. Denn bei aller Euphorie darf man doch eins nicht vergessen: Die Oscars sind eine Nabelschau der amerikanischen Filmindustrie. Dort feiert sich eine Clique, in die ein Österreicher, der sich so beherzt gegen den Mainstream stellt, sicher nicht aufgenommen wird. Nicht aufgenommen werden kann. Denn es ist, wie es im Showbusiness eben so ist: Die Show, die lässt man sich nur ungern stehlen.