Anfang Oktober soll auch der Gasmarkt für alle Kunden offen sein. Aus diesem Grund wurde das neue Gaswirtschaftsgesetz noch rasch fertiggestellt und am Dienstag von Wirtschafts- | minister Martin Bartenstein präsentiert. Er sieht für Gaskonsumenten günstige Zeiten hereinbrechen, denn er erwartet, dass die Preise um 10 bis 20% fallen werden - das wären rund 180 Mill. Euro. Karl Skyba, Obmann des Fachverbandes Gas & Wärme, sieht beim Gaspreis selbst keinen Spielraum, dieser sei bloß bei den Netztarifen gegeben.
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Der Wirtschaftsminister ist äußerst zuversichtlich, dass nicht nur der Ministerrat, sondern auch das Parlament das neue Gaswirtschaftsgesetz (GWG II) absegnen wird. Dazu sind nämlich auch die Stimmen der SPÖ-Mandatare notwendig, da es sich um ein "Verfassungs-Gesetz" handelt. Mit der Gaswirtschaft konnte sich das Wirtschaftsministerium im "Großen und Ganzen" einigen, hob Bartenstein hervor.
Als oberste Liberalisierungskontrollinstanz wird die Elektrizitäts-Control GmbH eingesetzt. Ihr Arbeitsgebiet wird neben Strom auch Erdgas sein. Als Schiedsgericht für den Fall einer Netzzugangsverweigerung wird die Erdgas-Control-Kommission geschaffen. Österreich wird in drei Regelzonen (Ostösterreich, Tirol und Vorarlberg) geteilt, für die jeweils ein Regelzonenführer verantwortlich ist. Mit dem "Use-it-or-loose-it"-Prinzip entsteht Druck auf die heimische Gaswirtschaft, denn werden reservierte Transportkapazitäten nicht genutzt, so verfallen sie. Der Regelzonenführer muss die freien Netzkapaitäten veröffentlichen. Hat ein Kunde erst einmal eine freie Kapazität erworben, dann bleibt ihm diese erhalten, auch wenn er den Versorger wechselt, so will es das "Rucksackprinzip". Unbundling - also die rechnerische Trennung von Gasnetz und -vertrieb - wird ab einer Kundenanzahl von 50.000 Haushalten vorgeschrieben.
Das Verbot der Wirkungskartelle und der Sonderschadenersatz sind im GWG II nicht mehr zu finden. Da hatten die Einwände der Gaswirtschaft offenbar Erfolg. Denn Skyba hatte mehrmals davor gewarnt, solche Bestimmungen aufzunehmen. Dem neuen Entwurf steht er noch skeptisch gegenüber, er will ihn genau studieren. Als unzumutbar empfindet er, dass dieser dem Verband noch nicht vorliegt. Sein Verdacht: "Die E-Control will sich in die Interna der Gasversorger vertiefen." Vorsicht sei beim Unbundling angebracht, "ein besonders heikler Punkt". Jedenfalls ist Skyba entsetzt, mit welch "unglaublicher Hast" der Gesetzestext über die Bühne gebracht werden musste: "Wir sind das erste Land in Europa, das die Netze zur Gänze öffnen muss, und das bei einem so kleinen Gasmarkt."