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Das (noch nicht endgültige) Urteil des amerikanischen Kartellgerichts, wonach der Microsoft-Konzern aufgespalten werden muss, wird von der Konkurrenz mit verständlicher Schadenfreude, von den Konsumenten mit unverständlicher Ignoranz aufgenommen.
Denn die von der US-Justiz erwartete "Marktdurchlüftung" wird neben niedrigeren Preisen auch neue Unsicherheiten bringen. Und das in einem Markt, der schon bisher ohne alle Regeln auszukommen glaubte. Im technischen Bereich gab es einen wahren Wildwuchs an Normen, Standards und Benutzerführungen. Dieses technische Tohuwabohu führte einen rechtlichen Zustand im Schlepptau, der eher die Bezeichnung "e-piraterie" als "e-commerce" verdiente.
Bill Gates kam genau im richtigen Moment. Er verpasste der Branche allerorts ersehnte, einheitliche Standards, was Hard- und Software erst zum echten Aufschwungträger in den Vereinigten Staaten machten. Wer Anfang der 90er-Jahre versucht hat, einen Text von einem PC zum anderen zu transportieren, diesen dort zu öffnen, und dann am fehlenden Druckertreiber gescheitert ist, weiß wovon die Rede ist. Heute kann sich jeder halbwegs gebildete Mensch an jeden Computer der Welt setzen und er wird sich sofort in einer gewohnten Arbeitsumgebung wiederfinden. Diese einheitliche Technik ist wiederum die Grundvoraussetzung für rechtliche Standards, die auch in diesem Bereich dringend notwendig sind, Stichwort: elektronische Signatur.
Das Urteil über Microsoft wirft aber über die EDV-Branche hinaus eine ganz grundsätzliche Frage auf: Wer darf in einer modernen Ökonomie Normen setzen? Darf es überhaupt einheitliche Normen geben, oder lauert hinter der Einheitlichkeit schon das Monopol?
Die US-Politik, aber nicht nur die, hat bislang die bequemste Methode gewählt und diese Frage vom Markt beantworten lassen. Das Ergebnis war Microsofts faktisches Monopol.
Das beweist: Wenn sich die Politik aus der Wirtschaft heraushält, führt dies nicht zwangsläufig zum perfekten Markt.
Oder anders herum: Auch ein idealer Markt kommt nicht ohne solide Spielregeln aus. Bill Gates hat dies früher als andere erkannt. Ihn dafür zu bestrafen widerspricht der Logik - des Marktes.