Unter Ausschluss der Öffentlichkeit finden derzeit die Positionierungen der Länder zum Dienstleistungsabkommen GATS (General Agreement on Trade in Services) statt. Österreich muss der WTO (Welthandelsorganisation) bis 31. März 2003 bekannt geben, welche Dienstleistungen es einer Deregulierung unterwerfen will. SPÖ-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser forderte gestern in einer Pressekonferenz daher von der Regierung, klarzustellen, dass Bereiche wie Schule und Wasser auch künftig in öffentlicher Hand bleiben müssen.
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Die Dimension dieses GATS-Abkommens werde in Österreich unterschätzt, meint Niederwieser. Es geht darin um wichtige öffentliche Leistungen - von der Schule über die Spitäler und Sozialsprengel bis zu Wasser und Abwasseranlagen. Grundsatzentscheidungen, welche Leistungen weiterhin durch die öffentliche Hand erbracht und welche privaten Anbietern überlassen werden, müssen gut überlegt werden.
In Österreich ist das Wirtschaftsministerium für die Formulierung unsrerer Position zuständig. Der SPÖ-Wissenschaftssprecher befürchtet allerdings, dass Liberalisierungen vor allem im schulischen Bereich dort nicht richtig eingeschätzt werden. Denn Tatsache sei, dass im Fall einer vollständigen Liberalisierung private Anbieter die gleichen Förderungen erhalten müssten wie öffentliche Schulen. Dadurch würde ein Zwei-Klassen-System wie in den USA entstehen. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein müsste laut Niederwieser nur festschreiben, was Bildungsministerin Elisabeth Gehrer behauptet habe, nämlich: "Schulen sind Aufgabe des Staates und das wird auch so bleiben."
Niederwieser schlägt vor, dass für alle Teilbereiche der geplanten Dienstleistungsliberalisierungen Studien mit Folgenabschätzungen in Auftrag gegeben werden, ehe Entscheidungen fallen.
Überhaupt müsse man sich über die Zukunft der Bildungspolitik Gedanken machen. In der Vergangenheit habe man sich viel zu sehr mit Kleinigkeiten beschäftigt, große bildungspolitische Weichenstellungen seien damit nicht getroffen worden, kritisierte Niderwieser. So etwa wäre es ein schwerer Fehler, sich auf dem PISA-Listenplatz auszuruhen. Tatsache sei, dass jene Länder Spitzenpositionen einnehmen, wo die Schulen "Häuser des Lernens" sind. Wo also von 8.30 bis etwa 17 Uhr integrativ, klassenübergreifend, modular und ohne frühe Trennung der Gruppen mit dem 10. Lebensjahr unterrichtet werde.