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Gauck verteidigt deutschen Euro-Kurs

Von Gerhard Lechner

Europaarchiv

Deutscher Bundespräsident erstmals offiziell in Wien zu Gast.


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Wien. Seinen letzten Wien-Besuch vor gut einem halben Jahr wird Joachim Gauck nicht so schnell vergessen: Der jetzige deutsche Bundespräsident war damals für eine Diskussionsveranstaltung mit dem Publizisten Peter Huemer nach Wien gereist, als sich in Berlin bereits die Gerüchte verdichteten, der Ex-DDR-Bürgerrechtler könnte nach dem Rücktritt Christian Wulffs dessen Nachfolger an der Staatsspitze werden. Gauck selbst hatte das damals nicht glauben wollen - bis ihn im Restaurant des Hotels Imperial in Wien ein Anruf der FDP erreichte, der Unterstützung signalisierte. In Berlin angekommen, wurde Gauck dann im Taxi von CDU-Kanzlerin Angela Merkel angerufen - die Entscheidung war gefallen, der ehemalige evangelische Pastor und Beauftragte für die Stasi-Unterlagen von einer Vier-Parteien-Koalition zum Präsidenten designiert. Einzig die Linke verweigerte dem "konservativen Sozialdemokraten", wie er sich selbst unter anderem bezeichnet, die Zustimmung.

An diese spezielle Wien-Erfahrung erinnerte Gauck anlässlich seines ersten offiziellen Arbeitsbesuches am Donnerstag bei Bundespräsident Heinz Fischer. Der deutsche Präsident zeigte sich "total begeistert von dem herzlichen Empfang", der ihm und seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt bereitet wurde. Es handle sich, so Gauck, um einen "Besuch unter Freunden" - schließlich herrsche Übereinstimmung in allen wesentlichen politischen Fragen, "auch in der Eurokrise".

Gauck zeigte sich optimistisch, was die Einstellung der Mehrheit der Deutschen zum Euro betrifft: Zwar gebe es viele in Deutschland, die zurück zur alten D-Mark wollten. "Aber eine Massenbewegung ist daraus nicht entstanden", meinte der 72-Jährige - "noch stehen die Menschen zu Europa". Sein Amtskollege Fischer überraschte mit einem Appell zur Aufrechterhaltung der deutsch-französischen Achse innerhalb der EU.

Gauck verteidigte außerdem die europaweit mittlerweile hart kritisierte Sparhaltung der deutschen Regierung: Es handle sich darin um "kein Dominanzstreben" Berlins, sondern um das Streben nach "Solidität und Verlässlichkeit". In Deutschland wie auch in Österreich habe man "die Lasten früherer Reformen in Vorteile umgewandelt". Gauck betonte, dass es in Europa für eine solche Sparpolitik genügend Partner gebe - "auch im Süden".