)
Israels Luftwaffe bombardierte Moschee, die als Waffenlager diente. | Tel Aviv. Israel hat seine Offensive im Gazastreifen in der Nacht zum Sonntag unvermindert fortgesetzt. Eine israelische Armeesprecherin sagte am Morgen, die Luftwaffe habe seit Mitternacht etwa 60 Ziele angegriffen. In Rafah im südlichen Gazastreifen sei eine Moschee getroffen worden, die als Waffenlager und Trainingsstätte für die radikal-islamische Hamas-Organisation gedient habe.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
An der Grenze zu Ägypten seien erneut mehrere Schmugglertunnel bombardiert worden. In einem anderen Fall habe man eine unterirdische Abschussrampe zerstört, sagte die Sprecherin. Aus dem Gazastreifen sei in der Nacht nur eine Rakete auf Israel abgefeuert worden. Unter den Soldaten gebe es keine Verletzten.
Der israelische Rundfunk zitierte am Sonntag einen ranghohen israelischen Offizier mit der Äußerung, man müsse die Offensive mindestens bis Ende des Monats fortsetzen. Dies solle gewährleisten, dass es künftig keinen Waffenschmuggel mehr durch die Tunnel aus Ägypten geben werde.
Die Gesamtzahl der Toten auf Seiten der Palästinenser stieg nach den Angaben des Fernsehsenders Al Jazeera seit Beginn der Offensive am 27. Dezember auf mehr als 850. Unter ihnen sollen nach israelischen Angaben über 300 Hamas-Kämpfer sein. Rund 3500 Menschen wurden verletzt.
Bombardiert wurde auch das Haus von Ahmed al-Jabari (Jabri), einem der wichtigsten Führer der radikal- islamischen Hamas. Die Hamas-Spitze ist während der seit mehr als zwei Wochen andauernden israelischen Militäroffensive untergetaucht. Auch Jabari, Kommandant des militärischen Hamas-Flügels ("Ezzedin-al-Kassam-Brigaden"), wechselt aus Furcht vor Anschlägen ständig das Versteck. Er steht hinter dem Putsch, der die Hamas im Juni 2007 im Gazastreifen an die Macht brachte. Der Hardliner will mit seinen Kämpfern das historische Palästina einschließlich Israels "befreien".
Israel setzte unterdessen seine Offensive im Gazastreifen am Sonntagmorgen unvermindert fort. In einem Vorort der Stadt Gaza wurden bei heftigen Gefechten mindestens zwölf Menschen getötet, wie die Gesundheitsbehörden mitteilten. Augenzeugen berichteten, israelische Panzer rückten weiter auf Gaza vor. Die Luftwaffe bombardierte Ziele nahe Rafah an der Grenze zu Ägypten, wo zahlreiche Schmugglertunnel vermutet werden. Die Hamas schoss erneut mehrere Raketen auf israelisches Gebiet ab, verletzt wurde niemand.
Aus israelischen Militärkreisen verlautete am Samstag, die Streitkräfte hätten eine vierte Stufe der Offensive vorbereitet, die den Sturz der im Gazastreifen regierenden Hamas und die Wiederbesetzung des Autonomiegebiets vorsehe. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) warnte vor einem "Wasserfall von Blut", sollten sich beide Seiten nicht an die Forderung der Vereinten Nationen nach einer Waffenruhe halten.
Schweiz: Lage in Gaza "katastrophal"
Die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey hat die Lage in Gaza als "absolut katastrophal" bezeichnet. Was in Gaza passiere, sei schrecklich sagte Calmy-Rey in einem Interview des "SonntagsBlicks". Es sei klar, "dass dieser Krieg keinen Frieden bringt". Die Ministerin bekräftigte zudem die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung von Angriffen auf humanitäre Organisationen und betonte, solche Angriffe verletzten das Völkerrecht.
Kritik am Schweizer Außenministerium und am Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übte der israelische Botschafter in Bern, Ilan Elgar, in einem Interview der "SonntagsZeitung". Die Schweiz habe im UN-Menschenrechtsrat als einziges westliches Land einen Antrag der arabischen Länder auf eine Sondersitzung zum Gaza-Krieg unterstützt. Damit ergreife die Schweiz Partei gegen Israel, sagte Elgar. Das IKRK messe zudem im Nahost-Konflikt mit unterschiedlichen Maßstäben, sagte Elgar.
In einer Isopublic-Umfrage im Auftrag des "SonntagsBlicks" zeigte eine Mehrheit von 53 Prozent der 502 Befragten Verständnis für die israelische Intervention. Nur 39 Prozent waren gegenteiliger Meinung.