Radikale Palästinensergruppe setzt im Gaza-Konflikt erstmals unbemanntes Fluggerät gegen Israel ein.
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Gaza/Tel Aviv. Über dem Gazastreifen stiegen den ganzen Montag über dicke Rauchwolken auf, Dutzende Explosionen waren zu hören. Die Hamas feuerte ihrerseits Raketensalven und erstmals auch ein unbemanntes Fluggerät auf Israel ab: Der Gaza-Krieg ging auch am siebenten Tag mit unverminderter Härte weiter, und eine Waffenruhe, wie sie UN-Generalsekretär Ban Ki-moon wiederholt einmahnte, ist weiterhin nicht in Sicht.
Bei vergangenen Waffengängen hatte sich Kairo regelmäßigals Mediator angeboten. Doch der neue Machthaber Abdel Fattah al-Sisi steht mit der Ägyptens Muslimbrüdern nahe stehenden Palästinenserpartei auf Kriegsfuß und zeigte bisher wenig Interesse an einer Vermittlerrolle. Auch viele andere arabische Staaten halten sich mit Solidaritätsbekundungen für die radikal-islamische Palästinenserpartei oder der Verurteilung Israels deutlich zurück.
Auf ihrer Dringlichkeitssitzung in Kairo beschränkten sich die Außenminister der Arabischen Liga am Montag auch darauf, die internationale Gemeinschaft zum Schutz der Palästinenser im Gazastreifen aufzurufen. Auch Mäßigungsappelle der EU verhallten bei den beiden Kriegsparteien ungehört. Deutschlands Außenminister Steinmeier will heute, Dienstag, direkt vor Ort die Chancen für eine Beendigung der Gewalt ausloten. Doch die Aussichten sind düster. Weder die Hamas noch Israel scheinen derzeit bereit, den ersten Schritt zu tun. Und so dreht sich das Gewaltkarussell gefährlich weiter. Am Montag feuerte die Hamas, israelischen Angaben zufolge, neben zahlreichen Raketen erstmals auch eine Drohne auf Ashdod im Süden Israels ab, die von einer Patriot-Rakete noch in der Luft abgefangen werden konnte.
Raketenangriff aus Syrien
Die Hamas selbst sprach von drei Drohnenangriffen. Israel befürchtet, dass sie ihre unbemannten Flugkörper mit Kameras und Sprengstoff bestücken kann. Um Aufschluss über die Bauweise zu erhalten, suchten Soldaten nach verstreuten Drohnenteilen. In den frühen Morgenstunden hatten die Kassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas, erneut auch wieder Raketensalven auf mehrere israelische Städte, darunter Ashdod, Ashkelon und die Region Eshkol abgefeuert. Auch die 150 Kilometer von Gaza entfernte Stadt Haifa war Ziel eines Angriffs. Trotz des Raketenabwehrsystems "Iron Dome", das - laut israelischen Angaben - 88 Prozent der Geschoße abfing, schlugen zahlreiche Hamas-Raketen auf bewohntem Gebiet ein; drei Israelis erlitten Verletzungen. Große Sorgen bereitet der Regierung in Jerusalem auch die wachsende Zahl an Luftangriffen aus dem Norden. So wurde am Montag erstmals eine Rakete aus Syrien auf Israel abgefeuert, zudem schlugen vier weitere Geschoße aus dem Libanon ein. Israel antwortete mit Artilleriefeuer.
Mit bisher rund 1300 Verletzten und mehr als 184 Toten zahlt aber vor allem die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen einen hohen Preis: Weit über zwei Drittel der Opfer sind Zivilisten. Allein in der Nacht auf Montag hatte Israel 42 Ziele angegriffen. Auf Flugzetteln waren die Bewohner von Beit Lahija zuvor von der israelischen Armee dazu aufgefordert worden, die Region zu verlassen. Zehntausende flüchteteninzwischenin den Süden des ausgehungerten und heillos übervölkerten Küstenstreifens - wenn sie zurückkehren, werden die meisten ihre Häuser in Trümmer vorfinden. Sollte die Regierung in Jerusalem eine umfassende Bodenoffensive starten (womit viele rechnen), wird wohl auch Israel einen hohen Blutzoll zahlen müssen. Am Wochenende drangen zwar Elitesoldaten kurz in Gaza ein, um eine Raketenbatterie der Hamas zu zerstören, kurz darauf hatten sie das Palästinensergebiet aber bereits wieder verlassen.