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Gebt Gedankenfreiheit!

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Leitartikel


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473.000 Arbeitslose im Jänner 2015, dazu wenig Aussicht auf Verbesserung der Situation. Sozialminister Rudolf Hundstorfer verweist auf die schwache Konjunktur, der ÖVP-Wirtschaftsbund dagegen fordert Taten von ihm. Als Antwort zeigt die Gewerkschaft auf den Wirtschaftsbund, weil er Maßnahmen verhindere, ältere Arbeitnehmer im Berufsleben zu halten.

Das kommt uns alles recht bekannt vor, das hören wir monatlich bei der Bekanntgabe der Arbeitslosenzahlen. Es ist das wenig schmeichelhafte Indiz einer dogmatischen Verhärtung der Politik, die nur zu noch höheren Arbeitslosenzahlen führen wird.

Notwendig wäre es vielmehr, die Scheuklappen abzunehmen. Vor wenigen Tagen machte in dieser Zeitung der GPA-Vorsitzende Wolfgang Katzian einen Vorstoß für eine Arbeitszeitverkürzung. Unsinn, so die rasche Reaktion des Wirtschaftsbundes, der Arbeitsmarkt müsse weiter flexibilisiert werden. Solche Möglichkeiten gebe es in den meisten Kollektivverträgen längst, lautet die ÖGB-Replik.

Am Ende des Austausches sturer Positionen steht: nichts. Alles bleibt, wie es ist. 473.000 Arbeitslose beweisen freilich, dass dies nicht die beste Wahl ist. Die Politik schaut zu, wie die Arbeitslosigkeit in die Höhe klettert.

Denn Arbeitsmarktpolitik wird auf AMS-Kurse reduziert, doch in Wahrheit ist es eine Frage des Wirtschaftsstandortes und seiner Organisation. Wiens Bevölkerung wächst überdurchschnittlich, damit auch das Arbeitskräfteangebot. In Ballungszentren wie Wien verändern sich die Arbeitsplätze. Breitband-Internet, Ausbildungsstätten und Cluster-ähnliche Netzwerke werden immer wichtiger. Arbeitsinspektorate sind damit überfordert. Landes- und Verwaltungsgrenzen verschlechtern die Lage sogar. In den ländlichen Regionen werden EU-Innovationsförderungen immer noch in die Landwirtschaft geleitet. Die reflexartige "Ausländer raus"-Forderung der FPÖ ist genauso zukunftsfeindlich, nur noch unsympathischer.

Um eine Trendwende am Arbeitsmarkt herbeizuführen, wird es wohl notwendig sein, das "Geschäftsmodell" Österreichs (und auch der EU) auf den Prüfstand zu stellen. Dabei darf es weder Gedankenverbote noch politische Dogmen geben. Das würde übrigens auch bei der Steuerreform helfen, wie die recht fruchtlosen Debatten um die künftige Budgetstruktur zeigten.