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Gebuchte Wüstenschiffe

Von Reinhold Aumaier

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Keine Frage - auch umgedrehte Spieße haben ihren Reiz. In der Dienstagausgabe von "Moment - Leben heute" quälte Bernhard Fellinger seinen Gast Barbara Stöckl mit einer eher simplen und einer ziemlich schwierigen Frage. Die "Millionen-Show"-Tante schlug sich wacker; sowohl als Kandidatin als auch als Interviewpartnerin. Zuvor gab's einen kleinen Rundumschlag mit der Allerweltsfrage "Wie geht's?". Kaum verwunderlich, dass die Antworten der befragten Bewohner der vermeintlichen Insel der Seligen in der Mehrzahl grisgrämig, verdruckst bis ang'rührt ausgefallen sind. Wär' net Wien . . .

Im "Journal-Panorama" ging das gehobene Frage-und-Antwort-Spiel munter weiter: Peter Huemer im "Zeitzeugen"-Gespräch mit der aus gewissen Gründen Nicht-68erin Helga Rabl-Stadler. Die Dame ist - wir wissen es (zu schätzen) - fürs (eloquente) Feuer. Das Unkonventionelle, Kämpferische feierte in ihr - egal, was sie anpackte - stets fröhliche und für manche eher bedrohliche Urständ'. Nebenbei - an die Adresse des Moderators und alle anderen Falschformulierer: Man promoviert nicht, sondern man wird promoviert.

Viel Freude also mit Gesprächskultur auf Österreich 1. Um das einmal erreichte Niveau zu halten, gingen wir um 20.15 Uhr mit Arte auf eine kleine Bildungsreise nach Kenia. Dort herrscht 85-prozentiger Analphabetismus. Doch Hilfe naht - wenn auch bedächtig im Wiegeschritt und der Hitze dort gemäß. Kamele werden als wandelnde Bibliotheken eingesetzt und schaukeln für die entzückten Kinder Bücherpakete von Dorf zu Dorf. Der Anblick dieser sozusagen gebuchten Wüstenschiffe evozierte den so wichtigen Umgang mit kostbarer (Lese-)Zeit. Hernach gab's nur ein: TV-Kastl aus und der Griff zum Buch.