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Gebühren-Urteil des VwGH bringt den ORF noch unter zusätzlichen Druck

Von Bernhard Baumgartner

Analysen

Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein Höchstgericht einem Gebührenzahler Recht gab: Wer den ORF wegen seiner diversen technischen Umstellungen der vergangenen Jahre nun nicht mehr sehen kann, braucht auch keine ORF-Gebühr mehr zu entrichten, entschied der VwGH. | Wie kann das sein, war doch die TV-Gebühr immer als eine Art Gerätesteuer definiert, also eine Steuer auf das Vorhandensein eines empfangsbereiten TV-Geräts? Genau hier liegt jedoch schon der Haken: War die Sache in der analogen TV-Zeit klar - also: steht da ein TV-Gerät, muss man auch zahlen - ist das nun schwieriger. Da es kaum TV-Geräte gibt, die bereits einen digitalen Tuner integriert haben (und man sie daher entweder mit einer zusätzlichen digitalen Box oder einem Sat-Receiver betreiben muss) ist das Vorhandensein eines Fernsehers juristisch irrelevant, weil dieser ja eben nicht "empfangsbereit" ist.


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Verfügt man nicht über ein digitales Zusatzgerät und benutzt den Fernseher etwa nur zum Abspielen von DVDs, kann man den ORF daher abmelden. Hat man noch einen alten, also analogen Sat-Receiver (das erkennt man daran, dass er nur etwa zwei Dutzend Kanäle empfängt), und kann den ORF nicht sehen, wird ebenso keine Gebühr fällig.

Schwieriger wird es, wenn man einen digitalen Sat-Receiver hat. Hier kommt es darauf an, ob dieser technisch ORF-tauglich ist oder nicht: Das ist er, wenn er die ORF-Verschlüsselungstechnologie "Cryptoworks" beherrscht (was praktisch alle in Österreich verkauften Geräte tun) und man eine der grünen ORF-Karten hat, die man zum Empfang benötigt. Besitzt man keine Karte (und kann ORF daher nicht sehen, etwa weil man die Karte zurückgegeben hat) ist laut Medienrechtlern in Analogie zum VwGH-Urteil auch keine Gebühr fällig.

Hat man einen Receiver, der das System "Cryptoworks" nicht entschlüsseln kann (was bei billigen Geräten der Fall sein kann), gilt demnach auch: kein Empfang, keine Gebühr.

Das war übrigens auch der Anlassfall für das VwGH-Urteil: Ein Zuseher sah durch die Abschaltung des alten ORF-Verschlüsselungssystem "Betacrypt" den ORF nicht mehr und entschloss sich statt zum Kauf eines neuen Receivers dafür, es beim Nicht-Empfang des ORF zu belassen und daher künftig keine Gebühren mehr zu zahlen.

Es ist verständlich, dass man im ORF nun Schadensbegrenzung übt und darauf hinweist, der VwGH habe bei dem Urteil das frei über Digi-Sat zu empfangende "ORF 2 Europe" sowie TW1 vergessen. Tatsächlich wird jedoch nur eine rasche Gesetzesänderung die durch das Urteil frei werdenden "Umwege" schließen können. Wenn dabei, wie im ORF angedacht, gleich auch eine ORF-Gebühr auf breitbandiges Internet kommt, kann das ein einträgliches Geschäft für den krisengeschüttelten ORF werden.