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Gedämpfte Freude über die neue Eigenkapitalverzinsung

Von Alfred Abel

Wirtschaft

"Der Elfer kommt wieder!" · Den Schreckensruf mancher Steuerexperten verstehen nur Leute mit guter Erinnerung. § 11 des alten Einkommensteuergesetzes betraf eine temporäre Steuerbegünstigung für | den sogenannten nichtentnommenen Gewinn, also für jenen Anteil am Jahresgewinn eines Betriebes, der über die Privatentnahmen hinaus in der Firma verblieb. Der gutgemeinte Steuervorteil verhedderte | sich jedoch in zahllosen fiskalischen Streitfällen, weshalb man ihn 1989 abschaffte. Jetzt versucht das Steuerreformgesetz einen neuen Anlauf zur Eigenkapitalstärkung der Betriebe. Möglicherweise mit | dem gleichen Schicksal.


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Der ab dem Jahr 2000 vorgesehene neue § 11 EStG versucht eine Förderung der betrieblichen Kapitalstruktur durch die Möglichkeit, Zinsen vom jährlichen Eigenkapitalzuwachs als steuerabsetzbare

Betriebsausgaben zuzulassen. Das läuft praktisch auf eine Begünstigung der nichtentnommenen Gewinne und der sonstigen Eigenmittelzuführungen hinaus, wobei man auf eine mehrjährige

Kapitalvergleichsrechnung abstellt.

Gleichzeitig soll damit erreicht werden, daß das im Betrieb eingesetzte Eigenkapital dem Fremdkapital (dessen Kosten gleichfalls steuerabsetzbar sind) gleichgestellt wird. Mit dem Unterschied

freilich, daß die Eigenkapitalverzinsung ja bloß eine Fiktion darstellt.

Kleinstbetriebe

ohne Förderung

Begünstigt durch die neue Förderungsmaßnahme sind nicht nur (wie nach dem alten § 11) natürliche Personen aus dem Kreis der Agrarier und Gewerbetreibenden, sondern generell alle Einzelunternehmer

und Personengesellschafter, sogar Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Voraussetzung dabei ist, daß diese Betriebe bilanzieren; anders wäre eine Erfassung des Kapitalkontos und dessen

Veränderungen kaum möglich.

Damit sind freilich gerade die zahllosen Kleinbetriebe mit ihren Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen, deren magere Eigenkapitalverhältnisse vielfach besonders förderungswürdig wären, vom neuen

Steuervorteil ausgeschlossen.

Mittelwert aus

sieben Jahren

Die als Betriebsausgaben zulässigen fiktiven Eigenkapitalzinsen sind vom Eigenkapitalzuwachs abzuleiten, womit nicht der simple Überschuß des Jahresschlußkapitals gegenüber dem Anfangsstand

gemeint ist. Vielmehr muß ein Durchschnittskapital ermittelt werden, das aus den letzten sieben (mageren oder fetten) Jahren abzuleiten ist. Intensive Computerunterstützung ist angesagt.

"Der zu verzinsende Eigenkapitalzuwachs ergibt sich aus jenem Betrag, um den der gewichtete durchschnittliche Eigenkapitalstand des laufenden Jahres den höchsten gewichteten durchschnittlichen

Eigenkapitalstand eines vorangegangenen Jahres übersteigt", belehrt uns das Steuerreformgesetz.

Tageweiser

Kontokorrent

Und weiter: "Dabei ist der höchste gewichtete durchschnittliche Eigenkapitalstand innerhalb des Beobachtungszeitraums maßgeblich. Dieser Beobachtungszeitraum umfaßt den Zeitraum ab Beginn des

Betriebes, längstens jedoch den Zeitraum der letzten sieben Wirtschaftsjahre vor jenem Jahr, in dem der Betriebsausgabenabzug geltend gemacht wird".

Noch weiter: "Der gewichtete durchschnittliche Eigenkapitalstand eines Wirtschaftsjahres ist die Summe der an jedem Kalendertag bestehenden Eigenkapitalstände, geteilt durch die Zahl der Kalendertage

des Wirtschaftsjahres".

Schließlich: "Als Eigenkapitalstand am Beginn des Wirtschaftsjahres gilt das steuerlich maßgebende Eigenkapital des Einzelunternehmers oder Mitunternehmers am Ende des Vorjahres (ohne Jahresgewinn-

oder -verlust) laut dem Eigenkapital-Evidenzkonto.

Evidenzkonto

als Nachweis

Starker Tobak für die erwartungsfrohen Unternehmer auf ihrer Suche nach steuerlicher Eigenkapitalstärkung, weshalb im Beipacktext zum Gesetzentwurf bereits beruhigende Beispielrechnungen geboten

werden, die noch durch viele künftige Erlässe vertieft werden dürften. Wobei vor allem der umstrittene Begriff "Eigenkapital" geklärt werden muß.

Erste Voraussetzung ist also die Führung eines (neu einzurichtenden) Evidenzkontos, das bei Betriebseröffnung jedenfalls mit Null beginnt, bei einem bestehenden Betrieb für sieben Jahre

zurückentwickelt werden muß. Wer etwa im Jahr 2000 die neue Zinsenwohltat in Anspruch nehmen will, muß zunächst den höchsten Durchschnittsstand der Jahreskapitalkonten in den Jahren bis 1993 zurück

aufrollen. Dieser Durchschnittsstand ist für jeden einzelnen Tag jeden einzelnen Jahres zu ermitteln, also nach Art eines täglichen Kontokorrents aufzuschlüsseln.

Ungeklärter

Zinssatz

Sobald man sich durch die Mühen dieser Legistik durchgearbeitet und die zutreffende Rechnungsgröße ermittelt hat, interessiert die Frage nach dem zulässigen Zinssatz. Der ist im Gesetz nicht

genannt und soll erst durch künftige Verordnungen festgelegt werden. Er soll sich an der Primerate der Banken orientieren. Wie zu hören ist, könnte man sich dabei an die Konditionen der Bausparkassen

annähern, was für das Jahr 2000 voraussichtlich 4,5% p.a. ergeben würde.

Die · außerbilanzmäßig · steuerabsetzbaren fiktiven Eigenkapitalzinsen sind freilich kein großmütiges Geschenk des Gesetzgebers. Ebenso wie ein Fremdkapitalgeber die ihm bezahlten Zinsen versteuern

muß, soll dies auch beim § 11-Nutzer so sein; er muß seine soeben als Absetzposten verrechneten Fiktivzinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern.

Steuerpflichtige

Absetzposten

Das erinnert an den Zirkustrick "aus der linken Tasche in die rechte Tasche", und es ist wohl auch einer, denn nur Betriebe mit sehr guter Gewinnlage können von dem neuen System wirklich ein

bißchen profitieren. Der Steuervorteil des neuen "Elfers" liegt nämlich einzig und allein im Progressionsunterschied. Die absetzbaren Zinsen unterliegen der Kapitalertragsteuerpflicht und werden mit

25% endbesteuert, wohingegen sie als Steuerabsetzposten eine höherprozentige Steuerersparnis ermöglichen, soferne der betriebliche Jahresgewinn in eine höhere Steuerschicht reicht. Nur für

Kapitalgesellschaften könnte es ein sicherer Vorteil sein, weil deren Normalsteuersatz 34% beträgt.

Skeptische

Steuerberater

Der Schreckensruf der Steuerexperten ist damit nicht nur vorschnelle Kritik an der vorgesehenen Neuregelung. Man befürchtet vielmehr ähnliche bürokratische und fiskalische Schwierigkeiten, wie sie

zur Abschaffung des alten "Elfers" geführt hatten.

Der Vizepräsident der Treuhänderkammer, Alfred Brogyanyi, bringt die Kritik auf den Punkt, wenn er von einem "komplizierten Steuersystem" schreibt, "das wieder einmal von der Wirtschaft zu zahlen

sein wird". In seiner Fachzeitschrift sieht er für sich und seine Steuerberaterkollegen indes eine arbeitsreiche Zukunft: "So spielt die aktuelle Steuerreform direkt in die Hände des

Wirtschaftstreuhänders."