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Gedämpftes Wachstum im Euroraum

Von Rosa Eder

Europaarchiv

Der Motor für das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone springt trotz der jüngsten Leitzinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) nicht an. Die Währungshüter haben ihre Prognosen für heuer und das kommende Jahr deutlich nach unten revidiert. Abwärts geht es auch mit der Inflationsrate: Sie könnte laut EZB im Jahr 2004 auf 0,7% bis 1,9% sinken - die Toleranzgrenze für Preisstabilität liegt bei knapp 2%. Besteht deswegen Deflationsgefahr? Darüber diskutierten Experten bei der diesjährigen Volkswirtschaftlichen Tagung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).


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EZB-Vizepräsident Lucas Papademos sieht für Europa keine Anzeichen für die gefürchtete Abwärtsspirale sinkender Preise und schrumpfender Wirtschaft. Auch der starke Euro bereitet ihm keine Sorgen. "Wir sind nahe dem historischen Durchschnitt", betonte der EZB-Vize am Donnerstag vor Journalisten. Auch OeNB-Gouverneur Klaus Liebscher versteht die "Nervosität" nicht, denn auch als der Euro schwach war, habe es an den Finanzmärkten Unruhe gegeben. Man dürfe die positiven Seiten einer stabilen Währung - wie etwa die Preisstabilität - nicht unterschätzen.

Zu weiteren Zinsschritten der EZB wollte sich Papademos nicht äußern. Bei der jüngst erfolgten Leitzinssenkung um 50 Basispunkte seien die gedämpften Wachstumsaussichten schon bekannt gewesen. Keinen Änderungsbedarf ortet Papademos beim Stabilitätspakt. Seiner Ansicht nach leidet die Euro-Zone unter strukturellen Schwächen, und es gebe eine ganze Liste von Reformmaßnahmen. Als vorrangig zu behandeln seien die Pensions- und Gesundheitssysteme. Liebscher hatte zuvor in seinem Eingangsstatement auf das Wachstumsdifferential zwischen der EU und den USA hingewiesen. Demnach sei das reale BIP (Bruttoinlandsprodukt) pro Kopf in den Neunziger Jahren in den USA um durchschnittlich 3,2%, in der EU jedoch nur um 2% gewachsen. Es sei möglich, dass dafür eine "höhere Freizeitpräferenz" oder hohe Risikoaversion verantwortlich seien, so Liebscher. Die Wachstumsschwäche könnte aber auch die Folge von "suboptimalen ökonomischen und institutionellen Rahmenbedingungen" sein. Strukturreformen wären nötig, um ein Umfeld für höheres Produktivitätswachstum zu schaffen.