Veranstaltung im Parlament für die jüngsten Nazi-Opfer. | 300 Zeitzeugen bei "A Letter to the Stars" am Heldenplatz. | Wien. "War nie Kind" - unter diesem Titel hat am Montag die Spitze der Republik im Parlament den Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus begangen. Zum 63. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen waren auch zahlreiche Überlebende des Holocaust in den Reichsratssitzungssaal geladen. Auch Bundespräsident Heinz Fischer, der Großteil der Minister, die Klubchefs und Vertreter der Religionsgemeinschaften nahmen an der Veranstaltung teil, die diesmal den jungen Opfern der Nazis galt.
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SPÖ-Nationalratspräsidentin Barbara Prammer erinnerte in ihrer Rede daran, dass sich Österreich erst spät und "auf internationales Einfordern" mit seiner Geschichte auseinandergesetzt habe. ÖVP-Bundesratspräsident Helmut Kritzinger hatte zuvor erklärt, "Gewalt und Rassismus sind nicht Phänomene der Vergangenheit". Schauspieler wie Hilde Sochor verlasen berührende Erinnerungen von Menschen, die als Kinder verfolgt und vertrieben worden waren. So jene von Ingeborg Dürnecker, geboren 1934: Sie verbrachte einen Großteil ihrer Kindheit in Heimen - davon 18 Monate am gefürchteten Spiegelgrund, von wo viele nicht zurückkehrten. Dürnecker kehrte zurück - heute sagt sie: "Mir hat man keine Häuser, Schmuck oder dergleichen genommen. Sondern 62 Jahre meines Lebens."
"Gewalt führt zu Gewalt"
Auch am Heldenplatz wurde am Montag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht: Im Rahmen des Schülerprojekts "A Letter to the Stars" fanden sich dort rund 300 Holocaust-Überlebende und deren Angehörige ein, die von österreichweit 300 Schulklassen eingeladen wurden. Die Zeitzeugen erinnerten die jungen Leute an die Schrecken der Vertreibung aus Österreich. "Gewalt führt nur zu mehr Gewalt, nie zu Lösungen", betonte etwa Erwin Auspitz, der 1938 als Neunjähriger vor den Nationalsozialisten aus Wien nach Argentinien flüchten musste.
"Nur, wer niemals vergisst, kann auch sagen ,niemals wieder", erklärte auch Vizekanzler Wilhelm Molterer. Lob für das Engagement der Schüler und die Bereitschaft der Überlebenden, ihre meist sehr schmerzhaften Erfahrungen mit den Kindern zu teilen, kam auch von Kanzler Alfred Gusenbauer und Fischer.
Ebenfalls zu Wort kamen die Kinder selbst: "Bitte fragt euch doch manchmal auch, wie es uns geht, wenn am Stammtisch über ,die Ausländer geurteilt wird", sagte etwa ein Migrant.
Auf dem Platz, wo vor 70 Jahren die Massen den Nazis zujubelten, erinnerten unzählige Erinnerungstafeln an deren Opfer - gestaltet von Schülern. Eine Gruppe aus dem niederösterreichischen Krummnußbaum hat etwa die Namen der NS-Opfer aus ihrem Ort auf Glastränen geschrieben. "Ich habe vorher gar nicht gewusst, dass es in unserem Ort so etwas gegeben hat", meint einer der Schüler. Die Kinder sind überzeugt davon, aus dem Projekt eine Lehre gezogen zu haben: "Andere zu akzeptieren."