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Geeint auf dem Weg nach Europa

Von Helmut Reuter

Politik

Hamburg · Berlin ist ein Symbol für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Stadt erlebte wie keine andere Aufstieg und Niedergang der Nazis. Im Herzen Berlins hißten die | siegreichen Sowjetsoldaten 1945 die Rote Fahne auf dem Reichstag. Jahrzehntelang war die Stadt geteilt, bis 1989 die Mauer fiel. Berlin spiegelte als Frontstadt des kalten Krieges auch die | unterschiedlichen Bemühungen wider, mit denen sich die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland in die jeweiligen Bündnisse zu integrieren suchten. Während Bonn von | Anfang an voll auf die Westintegration setzte, suchte die kommunistische Führung Ostdeutschlands die Eingliederung in die von Moskau dominierte Hemisphäre.


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Unterschiedlich präsentierten sich bereits 1949 die jeweiligen Staatsverfassungen. Das am 23. Mai verkündete Grundgesetz Westdeutschlands basierte auf der Gewaltenteilung und dem festen Prinzip

des Parlamentarismus. Die DDR-Verfassung vom 7. Oktober schrieb hingegen die führende Rolle der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" SED fest. Die Westdeutschen fanden in Konrad Adenauer

einen bedingungslosen Verfechter einer Eingliederung der "BRD" in die westlichen Bündnisstrukturen. Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges stieß seine Politik vor allem in Washington auf volle

Sympathie.

Ohne den 1948 von den USA beschlossenen Marshallplan wäre das sogenannte Wirtschaftswunder in Deutschland wohl nie wahr geworden. Die Hilfen im "European Recovery Program" erreichten zwischen 1948

und 1952 ein Volumen von 6,7 Milliarden Mark. Dagegen hatte die damalige Sowjetische Besatzungszone unter der erhebliche Demontage von lndustrieanlagen zu leiden, was die DDR wirtschaftlich in den

kommenden Jahren weit zurückwarf.

Die von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard entwickelte "soziale Marktwirtschaft" schuf in Westdeutschland ein ideales Konsumklima, das den DDR-Lebensstandard in den 50er und 60er Jahren bei weitem

übertraf. lm Gegensatz zur zentralen Planwirtschaft der SED garantierten Adenauer und Erhard den Westdeutschen das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln, nahezu freien Wettbewerb,

Tarifautonomie und freie Preisbildung.

Der Grundstein für die heutige Europäische Union wurde mit der von Frankreich angeregten Montanunion gelegt, die Adenauer gegen die Widerstände der westdeutschen lndustrie durchsetzte. Am 10. August

1952 nahm die "Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl" (EGKS) ihre Arbeit auf.

Nur knapp drei Jahre später endete mit dem lnkrafttreten der "Pariser Verträge" am 5. Mai 1955 die Besetzung Westdeutschlands. Die Bundesrepublik war wieder souverän. Vier Tage später trat sie dem

Nordatlantischen Verteidigungsbündnis (NATO) bei. Die DDR trat im Gegenzug dem am 14. Mai 1955 gegründetem "Warschauer Pakt" bei. Die Blöcke in Ost und West wurden immer starrer.

Am 1 3. August 1961 geschah in Berlin das Unvorstellbare: Die SED ließ eine Mauer mitten durch die Stadt bauen und hinderte die Menschen in der DDR durch Stacheldraht und Grenzsoldaten an der Flucht

in den Westen. Das traurigste Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte hatte begonnen. Bis 1989 sollten allein an der Mauer mehr als 250 Menschen auf der Flucht ums Leben kommen.

Das starre Ost-West-Schema änderte sich, als der ehemalige regierende Bürgermeister von Berlin, der Sozialdemokrat Willy Brandt, im Jahr 1969 zum Bundeskanzler gewählt wurde. Auch er setzte zwar die

Politik der Westintegration fort. Dennoch leitet er mit seiner neuen Ostpolitik eine entscheidende Wende ein, nicht nur im deutsch-deutschen Verhältnis, sondern letztlich auch zwischen dem gesamten

westlichen Bündnis und dem Ostblock.

Einen ähnlich gewichtigen Einfluß auf die ldentität Deutschlands in der Welt hatte nach ihm nur noch der Christdemokrat Helmut Kohl, der 1982 das Amt von Brandts Nachfolger Helmut Schmidt übernahm.

Kohl verfocht mit Beharrlichkeit die lntegration Deutschlands in Europa. Für ihn war die "Einheit Europas eine Frage von Krieg und Frieden".

Das Ende des "real existierenden Sozialismus" in Ostdeutschland hatten die Menschen in der DDR "herbeidemonstriert". Hunderttausende gingen in Leipzig und Berlin wochenlang auf die Straße, um die SED-

Herrschaft zu brechen. Eine friedliche Revolution · das hatte es in Deutschland noch nie gegeben.