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Noch vor kurzem konnte ein Finanzminister Anerkennung und Lob ernten, wenn es ihm gelang, das Minus in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der von ihm verwalteten Finanzen zumindest zu reduzieren, wenn schon nicht zu eliminieren. Wenn auch das Fernziel eines ausgeglichenen Budgethaushalts vorerst nicht erreichbar war, so galt es doch, den steinigen Weg der Defizitreduktion möglichst kontinuierlich zu beschreiten. Und dies mit einem ebenso guten wie simplen Grund: Zur Finanzierung des jährlichen Abgangs müssen Schulden aufgenommen und für diese in den Folgejahren Zinsen bezahlt werden. Steigt die Verschuldung, erhöht sich auch der Zinsendienst, was den künftigen Handlungsspielraum reduziert und die fiskalische Last, die kommenden Generationen überbürdet wird, wachsen lässt.
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Innerhalb weniger Monate haben sich die Zielvorgaben der Budgetverantwortlichen merklich geändert - man könnte gar sagen, ins Gegenteil verkehrt. Gute Zensuren erhält ein Finanzminister nun, wenn er jene Schleusen, welche die Staatsausgaben limitieren, möglichst rasch und weit öffnet. Erst mussten allerorts Banken und Finanzinstitute mit Hilfspaketen im Ausmaß vieler hundert Milliarden vor dem Kollaps bewahrt werden. Und nun soll die lahmende Konjunktur mit Hilfe umfangreicher Konjunkturstützungsmaßnahmen reanimiert werden. Beides zusammen wird die Budgetdefizite in mutmaßlich schwindelnde Höhen treiben.
Nicht, dass die Stabilisierung des internationalen Finanzsystems falsch oder die temporäre Erhöhung der Staatsausgaben angesichts einer potenziell schweren Rezession unvertretbar wäre, doch sollten die Konsequenzen nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Die Zinsen für jene Milliarden, die nun aus den geöffneten Schleusen der Staatshaushalte fließen, müssen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit Steuereinnahmen bezahlt werden.